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Brandenburg: Großflughafen Schönefeld: Durch und durch löchrig. Rechtsexperte kritisiert Aktenlage

Von einem "politischen Absturz" will Arnim Bechmann lieber nicht reden. Aber große Chancen möchte der gelernte Mathematiker dem geplanten Berliner Großflughafen in Schönefeld auch nicht einräumen.

Von einem "politischen Absturz" will Arnim Bechmann lieber nicht reden. Aber große Chancen möchte der gelernte Mathematiker dem geplanten Berliner Großflughafen in Schönefeld auch nicht einräumen. "Dazu ist die Gefahr eines Entscheidungsnotstandes zu groß", sagt der Umweltrechtsexperte mit Blick auf das kommende Jahr, wenn es um die Baugenehmigung für den Großflughafen geht.

Und Bechmann glaubt zu wissen, wovon er redet: Schließlich hat er bereits 1994 das Raumordnungsverfahren Großflughafen für die brandenburgische Landesregierung als Controller begleitet. Nun ist er Sachverständiger auf der anderen Seite der Barrikade und hilft der Schutzgemeinschaft Umlandgemeinden, in der 15 betroffenen Kommunen zusammengeschlossen sind. Sein Urteil für die jetzt vorgelegten Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren fällt vernichtend aus: "Sie sind nicht verhandlungsfähig."

Um das zu erkennen, so Bechmann, habe er seine jahrzehntenlange Erfahrung - er hatte bis 1998 einen Lehrstuhl für Landschaftsökonomie an der Freien Universität inne - "einfach angelegt". Herausgekommen sei, dass "mehr als die Hälfte" der Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung für Schönefeld "durch und durch löchrig" sind. "Die Flughafenplaner wären gut beraten, jetzt auf die Schwächen der Antragsunterlagen einzugehen, und nicht erst bis zum Gerichtsurteil zu warten", sagt Bechmann.

Doch muss auch er einräumen, dass der Ausgang des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht als einziger und letzter Instanz nicht abzuschätzen ist. Die Schwachstellen im derzeitigen Antragssystem erforderten "unbedingt Nachbesserungen", so Bechmann. Und bis dahin sollte es eine Aussetzung der seit Ende Mai laufenden Anhörung geben. Dies sage er übrigens nicht als Berater der Umlandgemeinden, fügt Bechmann hinzu. "Es ist das Ergebnis einer Untersuchung, die genau so aussieht, als würde ich sie für die Behörde machen."

Zwei der 49 Aktenordner, die zu den Antragunterlagen Berlin-Schönefeld gehören, hat Bechmann durchgesehen, Schwerpunkt Umwelt. An die eingereichten Akten habe er die juristischen Anforderungen angelegt, die "selbst für Studenten" in jedem Gesetzestext zu finden wären: "Ich kann nur sagen: Die Unterlagen entsprechen nicht dem deutschen Recht."

Für Schönefeld könne es nur heißen: "Politischer Wille ersetzt nicht Rechtssicherheit." Bechmann will gar nicht gegen einen Großflughafen für die deutsche Hauptstadt argumentieren, der auch in Schönefeld gebaut werden könne. "Aber die Umstände der Verhandlung müssen bekannt sein, damit eine Abwägung möglich ist."

Schließlich gehe es bei der seit Ende Mai laufenden Anhörung zum Großflughafen "um ein Abwägungsverfahren". Das sollte auch das Potsdamer Verkehrsministerium als Entscheidungsbehörde rechtzeitig anerkennen, damit es erst gar nicht zu einem "Entscheidungsnotstand" komme. Die aus Sicht der Schönefeld-Gegner extrem mangelnde Bereitschaft zur Alternativenprüfung fasst Bechmann in die knappe Formel: "Es gibt offenbar eine gewisse Ignoranz gegen die Bandbreite des vorhandenen Wissens und den aktuellen Stand der Technik."

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