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Brandenburg: „Ich hatte denen doch nichts getan“

Jürgen W. wurde im Schlaf angezündet. Jetzt sagte er im Prozess aus

Von Frank Jansen

Frankfurt (Oder) - Der Mann sieht furchtbar aus. Eine größere Wunde auf dem Hinterkopf ist immer noch nicht richtig verheilt, bis in den Nacken ist die Haut rötlich gefleckt. Jürgen W. ist entstellt, sein Körper war weitflächig verbrannt. „Ich hatte denen doch nischt jetan“, nuschelt W., bevor er zur Zeugenvernehmung in den Gerichtssaal geht. Dort sitzen die beiden Männer, von denen zumindest einer zugibt, ihn angezündet zu haben. Dass Jürgen W. das Feuer überlebt hat, im Krankenhaus halbwegs wiederhergestellt wurde und jetzt ins Landgericht Frankfurt (Oder) kommen kann, überschreitet schon angesichts seiner sichtbaren Narben die Vorstellung.

Die beiden Angeklagten blicken zunächst eher unbeteiligt, als W. den Saal betritt. Steven G. und Stefan K. sind angeklagt, in der Nacht zum 16. Juni 2004 in einem Park in Beeskow den damals obdachlosen W. beraubt und seine Jacke angezündet zu haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von versuchtem Mord. Steven G. hat zu Beginn des Prozesses vor einer Woche alles zugegeben. Stefan K. sagte, er sei damals rechtzeitig abgehauen und deshalb unschuldig. Jürgen W. kann gestern so gut wie nichts zur Aufklärung beitragen. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagt er. Erst im Krankenhaus in Berlin habe er mitbekommen, was ihm geschah.

Die Befragung im Gericht dauert nur eine halbe Stunde. Am Ende meldet sich der Angeklagte Steven G. „Ich wollte einfach nur sagen, dass es mir leid tut, was wir gemacht haben.“ Jürgen W. antwortet schwach, „weswegen, weißte auch nicht“. Draußen, auf dem Gerichtsflur, erzählt W. noch in abgehackten Sätzen aus seinem Leben. Dass er Maurer war, schon zu DDR-Zeiten die Arbeit verloren habe, an epileptischen Anfällen leide und in Beeskow im Obdachlosenheim genächtigt habe – oder eben auf der Parkbank, auf der er dann angezündet wurde. Hilfe erhält W. vor allem von einem Sozialpädagogen, den das Amtsgericht Fürstenwalde 2001 als Betreuer eingesetzt hat. Nach der Tat sorgte dieser dafür, dass Jürgen W. aus dem Obdachlosenmilieu herauskam und jetzt in einer kleinen Wohnung lebt, mit der Hilfe einer permanenten Hauskrankenpflege.

Es treten dann Zeugen auf, die mit den Angeklagten bekannt sind. Ein junger Mann sagt, er sei am Tatort vorbeigekommen und habe mit Stefan K. kurz gesprochen, während Steven G. öfter zu W. „Penner“ gerufen habe. Das soll vor dem Brand gewesen sein – am nächsten Tag, so der Zeuge, habe K. ihm erzählt, er habe W. „angebrannt“. Zur Polizei ging der Zeuge jedoch nicht.

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