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Eisbedeckte Pole, dunkelsandige Täler, schroffe Abbruchkanten, ausgetrocknete Flussbetten – alle Marslandschaften haben größere Dimensionen, als es die Menschen vom Heimatplaneten kennen.

© ESA / DLR / FU Berlin

In 3D und Farbe : Warum das neue Mars-Bildmosaik so besonders ist

Die Planetenforschung der Freien Universität sorgt mit Mars-Aufnahmen immer wieder für Aufmerksamkeit. Nun hat das Team vom Geo-Campus in Lankwitz ein einzigartiges Bildmosaik veröffentlicht.

Der Mars ist halb so groß wie die Erde. Doch seine Vulkane gehören zu den größten Erhebungen des gesamten Sonnensystems. Eisbedeckte Pole, dunkelsandige Täler, schroffe Abbruchkanten, ausgetrocknete Flussbetten – alle Marslandschaften haben größere Dimensionen, als es die Menschen vom Heimatplaneten kennen. Dass es überhaupt solch einen detailreichen optischen Eindruck vom Nachbarplaneten gibt, ist auch einem Team der Freien Universität Berlin zu verdanken.

Die Forschenden der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung arbeiten von Lankwitz aus seit vielen Jahren mit Fachleuten vom Deutschen Zen­trum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Europäischen Weltraumagentur ESA zusammen. Im Juni machte der Verbund erneut international Schlagzeilen – mit spektakulär farbreichen Marsbildern.

Denn vor gut 20 Jahren, am 2. Juni 2003, startete die erste europäische Raumsonde „Mars Express“ zum „Roten Planeten“. Sie gilt seitdem als eine der erfolgreichsten Raumfahrtmissionen, die jemals zum Nachbarplaneten der Erde geschickt wurden. Seit die Raumsonde ihre elliptische Umlaufbahn im Orbit erreicht hat, liefert sie ununterbrochen Daten, aus denen sich etwa Aussagen zur Zusammensetzung und zur Klimageschichte des Mars ableiten lassen. An Bord der Sonde befindet sich die deutsche Stereokamera „High Resolution Stereo Camera“ (HRSC), die kontinuierlich Fotos vom Mars macht und an der Freien Universität auch etwas Geschichte hat.

Die Kooperation zwischen der ESA, dem DLR und der Freien Universität begann 2003

Entwickelt wurde die Stereokamera am DLR in Zusammenarbeit mit industriellen Partnern. Der 2014 verstorbene Physiker und Professor der Freien Universität Gerhard Neukum leitete die Entwicklung der HRSC. Die Kamera ist dafür ausgelegt, eine globale Kartierung des Mars in Farbe und Stereo und mit einer hohen Auflösung von zwölf Metern pro Bildpunkt zu erstellen. Zuerst wurde die HRSC 1996 auf der russischen Sonde Mars 96 in­stalliert. Nach dem Start verließ die Sonde jedoch nicht wie geplant die Erdumlaufbahn und verglühte in der Atmosphäre – die Mission scheiterte.

Doch Gerhard Neukum machte weiter: Als Direktor des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof wurde er der maßgebliche Befürworter für die erste Mars-Forschungssonde der ESA. 2002 wechselte der Wissenschaftler als Professor an die Freie Universität Berlin, wo er die Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung aufbaute.

Als 2003 die „Mars Express“-Sonde startete, begann auch die Kooperation zwischen der ESA, dem DLR und der Freien Universität. Betrieben wird die Kamera nach wie vor von der ESA, die Aufnahmen werden vom DLR geplant, wo auch die Rohdaten vorbearbeitet werden. Ausgewertet und weiter aufbereitet werden die Bilddaten auf dem Geo-Campus der Freien Universität in Lankwitz. Inzwischen sind 100 Prozent der Marsoberfläche kartiert, rund 80 Prozent davon in hochauflösender Qualität mit dem aufbereiteten Bildmaterial der Freien Universität.

Das globale Farbmosaik zeigt neue Details vom Mars

Der Geologe Christoph Gross, Wissenschaftler an der Freien Universität, erklärt: „Für die üblichen hochauflösenden Oberflächenbilder fotografiert die HRSC den Mars normalerweise aus einer Höhe von etwa 330 Kilometern, an dem Punkt, an dem die elliptische Umlaufbahn des Satelliten dem Planeten am nächsten ist. Die daraus resultierenden Ansichten der Marsoberfläche haben eine räumliche Auflösung von bis zu 12 Metern pro Pixel und decken einen Bereich von über 50 Kilometern Breite ab.“ Dabei erzeugt die Kamera neben den vier Farbbildern in Rot, Grün, Blau und Infrarot zusätzlich fünf Stereoaufnahmen, die zur Erzeugung von Höhenmodellen verwendet werden.

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Raumsonde Mars Express veröffentlichen der Planetenforscher Gregory Michael und seine Kollegen ein sogenanntes globales Farbmosaik – ein Datenprodukt bestehend aus 90 Einzelbildern, an dem jahrelang gearbeitet wurde. Der Mars ist darauf mit Farbvielfalt und neuen Details zu sehen. Sebastian Walter, Co-Autor der Veröffentlichung, weist darauf hin, dass es sich bei der Abbildung eigentlich um ein „Falschfarbenbild“ handelt, da das menschliche Auge den Nachbarplaneten so bunt nicht wahrnehmen kann.

Doch die Abbildung, die neben bekannten roten Farbtönen nun auch bläuliche, schwarze, hellgelbe und orangefarbene Strukturen zeigt, erzählt eben auch eindrücklich von der besonderen Entwicklung des Planeten: Sie zeigt dunkle Sandschichten, die vom Wind zu imposanten Dünen und Dünenfeldern auf dem Boden von Einschlagskratern aufgeschüttet wurden, und im Gegensatz zur Erde immer noch erhalten sind. „Diese unverwitterten Sande bestehen aus dunklen, basaltischen Mineralen, aus denen auch vulkanische Lava auf der Erde zusammengesetzt ist“, sagt Christoph Gross.

In jedem Fall suchen die in Lankwitz aufbereiteten Marsdetails ihresgleichen. Das Team von der Fachrichtung Planetotologie und Fernerkundung stellt seine Bilder online öffentlich zur Verfügung. Schon jetzt wird das Material von Forschenden weltweit genutzt. Bald sollen weitere detailreiche Bilder veröffentlicht werden. Erst kürzlich wurde die Mars-Express-Mission um drei Jahre verlängert – in dieser Zeit plant die Arbeitsgruppe, weitere hochauflösende und farbreiche Bildmosaike der Daten zu erstellen.

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