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Brandenburg: Ins Wasser gefallen

Klaus Kurpjuweit zum Stopp des Genehmigungsverfahrens für den Havelausbau ANGEMARKT Verspätungen sind ärgerlich. Meistens jedenfalls.

Klaus Kurpjuweit zum Stopp des Genehmigungsverfahrens für den Havelausbau

ANGEMARKT

Verspätungen sind ärgerlich. Meistens jedenfalls. Hin und wieder sind sie aber auch gut. Zum Beispiel dann, wenn man sich dadurch noch korrigieren kann. Die Planer für den Ausbau der „Wasserstraße“ von Hannover nach Berlin haben jetzt die Chance dazu, nachdem das Genehmigungsverfahren für den Ausbau des SacrowParetzer-Kanals gestoppt worden ist.

In der Euphorie der Wendezeit hatten sie nicht nur für das Wasser gigantische Projekte entwickelt. Riesenpötte, beladen mit Containern auf drei Ebenen, sollten Tag für Tag nach Berlin schippern und Tonnen von hochwertigen Gütern in die Stadt bringen. Damals hatten die Planer erwartet, dass es mit Berlin und Brandenburg nur aufwärts gehe. Es ist nicht so gekommen. Was also sollen die Schiffe transportieren? Gute Wünsche alleine reichen nicht aus.

Als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit war der Ausbau der Havel und der Verbindungen in Berlin zum Ost- und Westhafen konzipiert worden – als 17. und letztes Vorhaben in dem Programm. Und die Wasserbauer bilden tatsächlich das Schlusslicht. Die neun Schienen- und sieben Straßenprojekte sind bereits abgeschlossen oder zumindest weit fortgeschritten. Von Hannover nach Berlin gibt es inzwischen eine sechsspurig ausgebaute Autobahn und eine Schnellfahrstrecke der Bahn. Die Fahrt über Flüsse und Kanäle wäre dann die dritte Verkehrsverbindung für einen schwachen Markt. Finanziert werden alle Milliardenprojekte vom Steuerzahler.

Jetzt haben sich die Wasserbauer selbst versenkt. Weil die Planer neue Erkenntnisse zum Wasserstand in Spree und Havel zwar angeblich schon seit langem gewonnen hatten, diese Erkenntnisse aber nicht in die Planung eingebracht haben, hat die Genehmigungsbehörde nun den beantragten Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals zwischen Ketzin und Marquard bei Potsdam gestoppt. Das Verfahren muss neu aufgerollt werden.

Doch bevor hier die alten Pläne etwas modifiziert wieder hervorgekramt werden, sollten alle Verantwortlichen nachdenken, ob der Ausbau wirklich in der Dimension erforderlich ist, wie es einst geplant war. Berlin hat sich von den Plänen ohnehin schon längst verabschiedet. Der Osthafen, für den der Teltowkanal ausgebaut werden sollte, wird aufgegeben. Vom Tisch sind damit die Pläne, allein in Berlin rund 50 Brücken neu- oder umzubauen. Nach einigen Anpassungen können so genannte Europaschiffe in Zukunft den Kanal passieren. Und größere Schiffe könnten ohnehin nicht über Berlin hinaus nach Eisenhüttenstadt oder Königs Wusterhausen fahren.

Statt weiter von den großen Pötten zu träumen, von denen wahrscheinlich nur ein paar wenige im Jahr den Weg durch Brandenburg nach Berlin finden würden, sollte man jetzt auch für die Fahrt zum Berliner Westhafen eine pragmatische Lösung finden. Es reicht, den Schifffahrtsweg so auszubauen, dass ein 85 Meter langes Europaschiff das ganze Jahr über problemlos seine volle Ladung transportieren kann.

Nicht nur die leeren Kassen verlangen, dass alle weiteren großen Ausbauarbeiten jetzt gestoppt werden. Sondern die Vernunft. So lange nicht klar ist, ob der Sacrow-Paretzer-Kanal so ausgebaut werden kann, wie es die Planer wollen, darf kein weiteres Geld ins Wasser geworfen werden. Es wäre Irrsinn, wenn überall weitergebaut würde, und am Schluss nur der kurze Kanalabschnitt das Nadelöhr bliebe. Es ist keine Schande, Pläne der Realität anzupassen.

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