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Der zugefrorene Moskwa-Fluss und der Kreml sind während des Sonnenuntergangs zu sehen.

© dpa/Alexander Zemlianichenko

Ukraine-Invasion Tag 729: Was hat der Krieg mit Russland gemacht?

Nawalnys Mutter durfte die Leiche ihres Sohnes sehen. Bundestag lehnt Antrag der Union zu Taurus-Lieferung klar ab. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Der zweite Jahrestag des russischen Kriegs gegen die Ukraine rückt näher. Zwei Jahre voller Leid, Trauer und Zerstörung in dem angegriffenen Land. Für den Moskau-Korrespondenten der BBC, Steve Rosenberg, ist es ein Moment, innezuhalten und sich zu fragen: Wie konnte es so weit kommen? Wann ist alles schiefgelaufen? Und was hat dieser Krieg eigentlich mit Russland gemacht? (Quelle hier).

Rosenberg nennt den 24. Februar 2022 einen Wendepunkt, auch für Russland. Der Krieg habe der Ukraine Tod und Zerstörung gebracht. Auch die russische Armee habe große Verluste erlitten, Hunderttausende russische Männer seien eingezogen worden. Dann die Meuterei der Wagner-Gruppe unter ihrem Chef Jewgeni Prigoschin und schließlich dessen Tod. Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin – all das Geschehnisse aus den vergangenen zwei Jahren. 

Doch rückblickend sei die Richtung klar gewesen angesichts der Annexion der Krim und dem Einmarsch in den Donbas, aber auch der Vergiftung von Alexej Nawalny, der nun im russischen Straflager ums Leben kam. „Die innenpolitische Repression in Russland geht auf die Zeit vor dem Einmarsch in die Ukraine zurück, hat sich aber seitdem beschleunigt“, schreibt Rosenberg.

Auf der Straße in der Stadt Solnechnogorsk in der Oblast Moskau fragte er schließlich Menschen, wie sich das Leben in den vergangenen zwei Jahren aus ihrer Sicht verändert hätte. Lidiya Petrovna antwortet: „Unsere Fabriken stellen jetzt Dinge her, die wir früher im Ausland gekauft haben. Das ist gut.“ Aber sie sei traurig über all die jungen Männer, die getötet wurden. „Wir brauchen sicherlich keinen Krieg mit dem Westen. Unser Volk hat sein ganzes Leben lang nichts anderes als Krieg, Krieg, Krieg gesehen.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Nach tagelangem Warten hat die Mutter des in russischer Haft gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny nach eigener Aussage Zugang zu dessen Leiche erhalten. Sie habe den Leichnam gesehen, sagte Ljudmila Nawalnaja in einem von Nawalnys Team veröffentlichtem Video. Sie warf den russischen Behörden vor, sie zu „erpressen“, um eine „geheime“ Bestattung ihres Sohnes zu erzwingen. Mehr dazu hier.
  • Nach dem Tod Nawalnys hat dessen Vertrauter Leonid Wolkow härtere Sanktionen gegen Verbündete des russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert. Es gebe „noch immer Menschen, die beträchtliche Vermögen im Westen haben, und die Putin lieb und teuer sind“, sagte Wolkow dem Außenausschuss des Europaparlaments in Brüssel. Die bisherigen Sanktionen der EU reichten nicht aus.
  • Der Unionsantrag mit der Forderung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ist im Bundestag klar abgelehnt worden. In namentlicher Abstimmung stimmten 182 Abgeordnete für die Vorlage, 480 dagegen und fünf enthielten sich. Mehr dazu hier.
  • Großbritannien hat der Ukraine die Lieferung von weiteren 200 Panzerabwehrlenkwaffen zugesagt. „Diese Raketen haben bereits erhebliche Auswirkungen auf dem Schlachtfeld gehabt und in einem Fall russische Streitkräfte gezwungen, ihren Versuch, einen Fluss zu überqueren, aufzugeben und sich zurückzuziehen“, sagte der britische Verteidigungsminister Grant Shapps.
  • Nach dem jüngsten Vormarsch der russischen Truppen hat der frühere Präsident Dmitri Medwedew die ukrainische Hauptstadt Kiew und die Hafenstadt Odessa als mögliche Kriegsziele genannt. „Wo sollen wir aufhören? Ich weiß es nicht“, sagte der stellvertretende Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates in einem Interview mit russischen Medien. „Wird es Kiew sein? Ja, wahrscheinlich sollte es Kiew sein. Wenn nicht jetzt, dann nach einiger Zeit, vielleicht in einer anderen Phase der Entwicklung dieses Konflikts.“ Mehr dazu hier.
  • US-Präsident Joe Biden hat das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin einen „durchgeknallten Mistkerl“ genannt. Bei einem Treffen mit Spendern der Demokratischen Partei in San Francisco sagte Biden, der Klimawandel sei trotz des „durchgeknallten Mistkerls Putin“ die „existenzielle Bedrohung für die Menschheit“. Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft nach der russischen Einnahme der Stadt Awdijiwka die Verbündeten zu schnellerer Hilfe auf. Er drückt erneut seine Unzufriedenheit über die Verlangsamung der westlichen Hilfe für die ukrainischen Kriegsanstrengungen aus, ohne die USA direkt zu erwähnen. „Wir müssen schneller handeln. Das heißt, wir müssen die ganze Bürokratie loswerden. Sonst haben wir keine Chance“, sagt er im Interview mit dem US-Sender Fox News.
  • Die russische Armee hat eigenen Angaben nach ein weiteres Dorf im Gebiet Donezk in der Ostukraine erobert. Der Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums vom Donnerstag bei Telegram zufolge handelt es sich dabei um den Ort Pobjeda, etwa 20 Kilometer südwestlich der Gebietshauptstadt Donezk. Ukrainische Militärblogger bestätigten das russische Vorrücken auf ihren Karten.
  • Russische Truppen haben nach Angaben von Frankreichs Verteidigungsminister Sébastien Lecornu mit dem Abschuss französischer Aufklärungsflugzeuge über dem Schwarzen Meer gedroht. „Vor einem Monat hat ein System der russischen Luftüberwachung damit gedroht, französische Flugzeuge abzuschießen, während wir im internationalen Luftraum patrouillierten“, sagte Lecornu dem Sender RTL. „Sie haben russische Operatoren, die französische Piloten bedrohen, ihr Flugzeug abzuschießen.“ Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Die russische Wirtschaft hat angesichts der Sanktionen gegen Moskau nach Auffassung des Internationalen Währungsfonds (IWF) beim Wachstum „überrascht“. „Es ist eine Kriegswirtschaft“, sagte IWF-Kommunikationsdirektorin Julie Kozack. Die russische Wirtschaft habe einen hohen Anteil an Militärausgaben, was die Produktion ankurbele.
  • Wegen des russischen Angriffskrieg in der Ukraine wird die lettische Hauptstadt Riga nach russischen Literaturgrößen wie Alexander Puschkin, Iwan Turgenjew und Michail Lermontow benannte Straßen umbenennen. Demnach wird etwa die Moskauer Straße künftig wieder den Namen Lettgallenstraße tragen, den sie bis zum Zweiten Weltkrieg trug.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach Berichten staatlicher Medien einen Probeflug an Bord eines Überschallbombers unternommen, der Atomsprengköpfe tragen kann. Das Staatsfernsehen zeigte Aufnahmen vom Start des Kriegsflugzeug des Typs Tu-160M auf der Landebahn eines Flugzeugherstellers im zentralrussischen Kasan.
  • Rund 1,15 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben zuletzt in Deutschland gelebt - ein Anteil von 1,4 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Das berichtet das Statistische Bundesamt unter Verweis auf eine Sonderauswertung auf Basis vorläufiger Daten, die den Stand vom Oktober wiedergibt. Der Zuzug verlangsamte sich demnach im vorigen Jahr deutlich.

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