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Julian Assange im Jahr 2020.

© Reuters/Henry Nicholls

Wikileaks-Gründer Julian Assange: „Sein Schicksal liegt in Australiens Hand“

Mehr als vier Jahre sitzt Julian Assange schon in Haft in London. Ehefrau Stella wirbt in der Heimat Australien um mehr Unterstützung. US-Ermittler wollen einen früheren Kooperationspartner befragen.

Wie ernst ist es den amerikanischen Ermittlungsbehörden mit ihrer Strafverfolgung von Julian Assange? Die Frage hat dieser Tage neue Brisanz dadurch erhalten, dass ein einstiger Kooperationspartner des Wikileaks-Gründers um eine Zeugenaussage gebeten wurde – sechs Jahre, nachdem die damalige Trump-Administration dem FBI-Verfahren neuen Schwung verliehen hatte.

Unterdessen hat Assanges Frau Stella in der australischen Heimat ihres Mannes für dessen Freilassung aus mehr als vierjähriger Haft in London geworben. Angesichts der Unnachgiebigkeit Londons und Washingtons setzt Stella Assange ihre Hoffnungen mittlerweile auf Druck aus Australien: Das Leben ihres Mannes „ liege in den Händen der australischen Regierung“, sagte sie beim Besuch in Canberra Ende Mai. „Genug ist genug“, glaubt auch Canberras Premierminister Anthony Albanese.

Der Labour-Regierungschef hat sich bereits persönlich bei US-Präsident Joe Biden für den depressiven und suizidgefährdeten Aktivisten eingesetzt. Hingegen steht das Schicksal des 51-Jährigen dem Vernehmen nach nicht auf der Agenda für den Besuch des britischen Premiers Rishi Sunak in Washington in dieser Woche.

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Romancier Andrew O’Hagan lehnt Befragung ab

Gemeinsam mit Australien haben die beiden anglophonen Staaten vor zwei Jahren ihren neuen Verteidigungspakt Aukus auf den Weg gebracht, dessen Kern aus der Belieferung Australiens mit atombetriebenen U-Booten aus amerikanischer Herstellung besteht. Bei einem Treffen im kalifornischen Kriegshafen San Diego sprach Sunak im März vom Zweck der Vereinbarung als „Bewahrung von Freiheit, Frieden und Sicherheit“.

Aber Freiheit für Julian Assange? Das scheint aus amerikanischer Sicht keine Priorität zu sein. Den Eindruck gewann jedenfalls der preisgekrönte schottische Romancier Andrew O’Hagan, bei dem sich kürzlich das FBI meldete.

Kurioserweise wollten sich die US-Ermittler mit dem Autor über dessen Zusammenarbeit mit Assange vor mehr als einem Jahrzehnt unterhalten.

Julian ist der Rückkehr in den Schoß seiner Familie näher denn je.

Stella Assange, Ehefrau von Julien Assange

Der in London lebende Schotte lehnte brüsk ab. „Eine Zeugenaussage gegen einen Kollegen, der dafür verfolgt wird, dass er die Wahrheit veröffentlicht hat, kommt nicht in Frage. Lieber gehe ich ins Gefängnis“, erläuterte O’Hagan seine Entscheidung dem „Sydney Morning Herald“.

Die Haltung ist keineswegs selbstverständlich, schließlich machte O’Hagan mit Assange die gleiche Erfahrung wie frühere Helfermedien von Wikileaks, etwa der britische „Guardian“ oder die „New York Times“: Die ursprünglich gute Zusammenarbeit endete rasch in einem Zerwürfnis.

13
Jahre ist es bereits her, dass Assanges Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurde.

Statt als Ghostwriter für Assanges Autobiographie zu fungieren, veröffentlichte O’Hagan 2011 die unautorisierte Lebensgeschichte des Wikileaks-Gründers. Nicht umsonst wird der preisgekrönte Autor in Pressemitteilungen der Assange-Unterstützer nicht mit Namen genannt, sondern nur spitz als „in London lebender Schreiber“ tituliert.

Bereits dreizehn Jahre liegt zurück, dass Assanges Enthüllungsplattform Wikileaks umfassende Informationen über US-Kriegsverbrechen in Afghanistan und Irak veröffentlichte. Keine der damals angeprangerten Straftaten hatte ein Verfahren gegen die Verantwortlichen zur Folge.

Über zehn Jahre Freiheitsverzicht ohne Verurteilung

Hingegen beschäftigten sich Londoner Gerichte seit 2010 mit dem Australier, als zunächst Schweden seine Auslieferung wegen angeblicher Sexualdelikte forderte.

Später folgte die USA mit der Aufforderung an Großbritannien, Assange zu überstellen. Ihm werden Computer-Hacking und Spionage zur Last gelegt.

Stella Assange, Ehefrau des Wikileaks-Gründers, wirbt bei einer Pressekonferenz in Australien für seine Freilassung.
Stella Assange, Ehefrau des Wikileaks-Gründers, wirbt bei einer Pressekonferenz in Australien für seine Freilassung.

© Imago/AAP/Mick Tsikas

Auch ohne rechtsgültige Verurteilung muss der mittlerweile 51-Jährige auf seine Freiheit verzichten: Auf zwei Jahre Hausarrest sowie sieben Jahre Asyl in der Londoner Botschaft Ecuadors folgte seit April 2019 die Straf- und Auslieferungshaft.

Derzeit sind Einsprüche gegen die bereits genehmigte Auslieferung vor dem Londoner High Court sowie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anhängig.

Bei ihrem Besuch in Canberra konnte Stella Assange bei Parlamentariern aller Parteien für die Freilassung des Vaters ihrer beiden Kinder werben.

Sie habe „starke Unterstützung erfahren; Julian ist der Rückkehr in den Schoß seiner Familie näher denn je“, lautet das optimistische Resümee der früheren Anwältin des Aktivisten.

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