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Brandenburg: Kranke Bäume: Märkische Forscher gehen an die Wurzel

Im Erdboden zeigt sich erst der ganze Schaden, sagen Experten der Fachhochschule Eberswalde

Eberswalde - Um die Gesundheit unserer Wälder ist es möglicherweise viel dramatischer bestellt, als es der gestern vorgestellte Zustandsbericht für ganz Deutschland belegt. Man dürfe nicht nur das äußere Bild der Baumstämme, Kronen, Blätter oder Nadeln betrachten, warnen Wissenschaftler der Fachhochschule Eberswalde. Die ganze Wahrheit zeige sich an den Wurzeln. Da stießen die Wissenschaftler in den vergangenen Jahren auf teilweise alarmierende Veränderungen, die vor allem auf den weiter zunehmenden Autoverkehr zurückzuführen seien.

„Das Feinwurzelsystem vieler Bäume geht stark zurück“, sagt die Biologin Ute Krakau, die sich seit Jahren mit dem für das menschliche Auge unsichtbaren Teil der Pflanzen beschäftigt. „Das liegt an den viel zu starken Stickstoff-Emissionen der Autos.“ Für die Bäume wirke der Stickstoff gerade bei hohen Temperaturen wie ein Super-Dünger. Er lagere sich auf dem Waldboden ab und sei so von den Wurzeln an der Oberfläche ganz bequem aufzunehmen. „Der Baum reagiert darauf ganz logisch“, erklärt Ute Krakau. „Er steckt nicht mehr so viel Kraft in den Wurzelaufbau und belässt es bei einem kleinen System unter der Erdoberfläche.“

Die dadurch gesparte Energie nutzen die Bäume für ein verstärktes Wachstum im oberen Teil. Waldbesitzer, Spaziergänger und sogar manche Förster freuen sich und bewundern die Bäume, wie gut sie angeblich im Allgemeinen doch die Klimaveränderungen bewältigen. „Aber diese Freude ist sehr kurzsichtig“, warnt die Biologin. „Auf längere Stress-Situationen können Bäume ohne großes Feinwurzelwerk viel schlechter reagieren.“ In längeren Trockenperiode wie im Sommer 2003 sei es ihnen dann kaum noch möglich, Feuchtigkeit aus tieferen Erdschichten zu zapfen. Außerdem fehle es ihnen an ausreichender Standfestigkeit. Den immer häufiger auftretenden Stürmen haben sie dann nichts mehr entgegenzusetzen.

Dieser Zusammenhang erkläre nicht zuletzt, warum bei starken Stürmen ausgerechnet Bäume an viel befahrenen Alleen, Innenstadtstraßen oder Autobahnen so leicht entwurzelt werden: Sie werden einfach zu gut gedüngt.

Die Wissenschaftler der Fachhochschule Eberswalde wollen die Wurzeln künftig noch viel stärker erforschen. Dafür dient ihnen ein in Europa einzigartiger „Wurzelkeller“ auf dem Gelände des Forstbotanischen Gartens der Hochschule. Im kommenden Frühjahr werden in speziellen Kästen eine Buche, eine Eiche, eine Kiefer, eine aus Nordamerika stammende Gelbkiefer und andere Bäume eingepflanzt. Diese gläsernen Behälter enthalten Brandenburger Waldboden. Im Keller können die Wissenschaftler dann das sonst verborgene Wachstum der Wurzeln beobachten und wie dieses sich bei unterschiedlichen Feuchtigkeitsgraden verändert.

Für die Eberswalder Fachleute steht fest, dass sich der Waldzustandsbericht in seiner bisherigen Form überlebt hat. Er müsste sich viel stärker den Wurzeln widmen.

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