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Weimar: Anna Amalia Bibliothek zeigt alte Gutenberg-Schätze

In Weimar ist von diesem Sonntag an ein besonderer Schatz zu sehen: Eine Ausstellung zeigt 60 Bücher, die bereits vor dem Jahr 1500 gedruckt wurden - darunter Werke von Aristoteles und Ovid.

"Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek besitzt eine kleine, aber feine Sammlung früher Buchdrucke", sagte die Germanistin Eva Raffel. Die 427 Kostbarkeiten sammelten die Herzöge für ihre Fürstenbibliothek. "Alles, was schön, alt, gut und wertvoll auf dem Markt war, haben sie gekauft." Diese vor dem Jahr 1500 mit beweglichen Lettern gedruckten Bücher werden Inkunabeln genannt. Sie lösten die aufwendig von Hand geschriebenen Bücher ab. Die Ausstellung mit dem Titel "Welt der Wiegendrucke" wird im Renaissancesaal der Bibliothek präsentiert.

Gezeigt werden 60 der interessantesten Stücke, die mit der bahnbrechenden Technik von Johannes Gutenberg (um 1400-1468) gedruckt wurden. "Die Bezeichnung "Wiegendrucke" leitet sich vom lateinischen Wort "incunabula" für Wiege ab", erläuterte die Ausstellungskuratorin. Im Auftrag der Klassik Stiftung Weimar hat sie die Inkunabeln in ihren exemplarspezifischen Besonderheiten akribisch erfasst. "Bislang existierte nur ein handschriftliches Verzeichnis von Theodor Kraeuters um 1830 und einigen Ergänzungen aus den 1980er Jahren." Die Ergebnisse gehen beispielsweise in den Gesamtkatalog der Wiegendrucke in Berlin ein, an dem bereits seit mehr als 100 Jahren gearbeitet werde.

Weimarer Inkunabel von 1469

"Die Inkunabeln brachten im Vergleich zu handgeschriebenen Büchern sehr schnell viele Abzüge, die alle gleich waren", sagte Raffel. "Obwohl die Kirche erst skeptisch war, wurden zuerst liturgische Bücher gedruckt." Die Weimarer Sammlung besitze aus dieser Anfangszeit kein Exemplar. "Die älteste Weimarer Inkunabel stammt von 1469." Es sei ein Fragment, das auf der von Gutenberg entwickelten Type gedruckt worden sei. "Der Typensatz war sehr wertvoll und wurde vererbt oder verkauft. Die Buchdrucker waren akademisch gebildete Leute und konnten mehrere Sprachen wie Latein, Griechisch und Hebräisch."

Die ersten Wiegendrucke erinnerten in Gestaltung und Aufteilung noch sehr an die handgeschriebenen Vorgänger. "Obwohl im Druck alle gleich, unterscheidet sich jedes Exemplar in seinem Äußeren. Jeder Erstbesitzer hat sein Stück individuell binden lassen. Die Anfangsbuchstaben auf den Seiten wurden prachtvoll ausgemalt." Auch Verzierungen oder Bilder wurden nach dem eigenen Geschmack coloriert. "Man war noch sehr lange der Handschrift verhaftet", sagte die Expertin. Diese Unterschiede von Buch zu Buch mache die Arbeit so interessant. "Das heißt aber auch, dass wir jedes überlieferte Buch einer Ausgabe genau in seinen Unterschieden bis zu Fehlstellen oder herausgetrennten Holzschnitten erfassen." Außerdem: "Hinter jedem Buch steckt eine Geschichte."

Erste gedruckte Aristoteles-Ausgabe

Das Besondere an der Weimarer Sammlung sei der hohe Bestand an griechischen Inkunabeln, sagte Raffel. "Wir gehen davon aus, dass nur insgesamt 66 Ausgaben auf Griechisch gedruckt wurden. Weimar besitzt davon 14." Das zeige das Interesse der Weimarer Herzöge. Zu den Prachtstücken gehöre eine erstmals gedruckte Aristoteles-Ausgabe. 1495 sei das fünfbändige Werk von Aldus Manutius in Italien hergestellt worden. Auch die anderen Griechen wurden - in Rückbesinnung auf die Antike - in Italien gedruckt.

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek besitzt auch das erste gedruckte armenische Alphabet, einen Reisebericht von Bernhard von Breydenbach ins Heilige Land nach Jerusalem sowie einen Pergament- Druck über die Liebeskunst von Ovid aus dem Jahr 1494. "Das ist mein Lieblingsbuch, weil es so schön ist und weil es ein Ovid ist."

Internet: www.klassik-stiftung.de

Antje Lauschner[dpa]

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