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Ein neuer Sherlock: Der Manga zur BBC-Erfolgsserie huldigt Benedict Cumberbatchs Mienenspiel.

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Adaption der BBC-Serie "Sherlock": Meisterdetektiv mit Mandelaugen

Während Fans auf die dritte Staffel der BBC-Erfolgsserie "Sherlock" warten, arbeitet der japanische Mangakünstler Jay die Fernsehfolgen für das Papierformat um. Den trockenen Humor der Vorlage seziert der Manga par excellence - doch einen Makel gibt es.

Sherlock Holmes ist tot. Ist er? Am Ende der zweiten Staffel der erfolgreichen BBC-Fernsehserie stürzt der Meisterdetektiv - gespielt von Benedict Cumberbatch - von einem Haus. Er wird beerdigt, sein Freund Watson - dargestellt von Martin Freeman - trauert. Die Episode hieß "Der Reichenbachfall", angelehnt an jene Geschichte von Sir Arthur Conan Doyle, in der sich der Schriftsteller, der Holmes einst erfand, selbst der Romanfigur entledigen wollte.

Doch der Detektiv ist nicht totzukriegen. Schon Doyle selbst musste aufgrund des starken Leserinteresses weitere Geschichten erfinden. Mit gelungenen Comics, verschiedenen Kino-Adaptionen und jüngst der BBC-Reihe bleibt Sherlock Holmes immer jung. Für die BBC gar derart jung, dass aus Mr. Holmes ein frischer Sherlock wurde, agil, süffisant und durchaus verführerisch.

Auch in Japan wird an der Frischzellenkur gearbeitet: Seit einem Jahr erscheint im Magazin "Young Ace" der Manga "Sherlock", eine unmittelbare Adaption der TV-Serie, gezeichnet vom Artisten Jay. Bisher wurde die ersten Folge der ersten Staffel übertraugen, "Eine Studie in Pink". Der Künstler hält sich peinlich genau an die TV-Vorlage. Das bringt Gutes wie Schlechtes mit sich.

Gelungen ist die Adaption, wenn sie den gut getimten Wortwitzen Sherlocks folgt; die Bildersequenzen im Manga fügen sich hier ebenso rasant zusammen wie die Filmminuten. Auch schafft es Jay, in seinem Artwork jenes kalte London zu erwecken, dass irgendwo zwischen den Nebelschwaden einer vormodernen Industriemetropole und den blitzenden Glasfassaden einer boomenden Börsen-City brach liegt. Der Autor arbeitet mit viel Rasterfolie, so dass es im Manga immer schattig, immer düster ist.

Cumberbatch gibt den perfekten Manga-Sherlock: mit Grimassen zwischen Arroganz und Amüsement

Seine Figuren strahlen umso heller; gerade Sherlock und Watson, die ihre lesbare Freude beim Ermitteln finden. Mit dünnen, akkuraten Strichen sind selbst die Mundwinkel Sherlocks in so perfekter Balance aus Arroganz und Amüsement gezeichnet, wie sie Darsteller Cumberbatch selten besser aufziehen kann. Überhaupt scheint Cumberbatch eine perfekte Mangafigur zu sein: Die Grimassen, mit denen der Sherlock Holmes im Fernsehen neues Leben einhaucht funktionieren nahezu eins zu eins auch auf Papier. Allein die Übertragung von Martin Freemans Watson sieht etwas unglücklich aus: die mangatypischen Kulleraugen wollen nicht so recht zum Dauerskeptiker passen.

Doch störend wird die Umsetzung nur in der Dramaturgie. Zeichner Jay hat die erste Folge "Eine Studie in Pink" fast passgenau nach Drehbuch nachgezeichnet; kein Dialog, der neu ist, keine Wendung, die neue Blicke erlaubt. Zwar gibt es einen kurzen Ausblick auf das nervenzerreibende Finale der ersten Folge schon auf den ersten Mangaseiten - doch sonst wird Bild nach Vorbild gezeichnet. Anstatt eine eigene Geschichte zu erzählen, bietet hier Autor Jay bloßen Fanservice.

Dabei wäre mehr möglich gewesen: Sherlock-Darsteller Cumberbatch selbst sagte in einem Interview, er sei überrascht, wie Serienfans in aller Welt Fanfiction fortschreiben. So gebe es verschiedene Manga, die vor allem die homoerotischen Andeutungen der Serie (die nicht viel mehr als ein derber Spaß sind) in explizierte Fantasien verwandeln. Mehrere so genannte Yaoi-Manga stellen das Liebesspiel zwischen Watson und Holmes dar. Auch die bei Tokyopop erschienene Sammlung "Fünf Fälle für Sherlock Holmes" geht eigene Wege. Doch gelungen ist die Umsetzung dennoch allemal. Schon allein, weil sie Sherlock Holmes, den Meisterdetektiv, einfach nicht zur Ruhe kommen lassen will.

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