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Verdrängunsmechanismus. Ein Baby? Doug kann sich nicht mal an den Sex erinnern?

© promo

Comic-Horrortrip: Tiefer ins Labyrinth

Mit „Die Kolonie“ setzt Charles Burns seine mit „X“ begonnene Teenage-Trauma-Trilogie fort. Die hohen Erwartungen, die der erste Band geweckt hat, vermag der zweite noch zu übertreffen.  

Nur langsam füllen sich die Lücken, die immer noch in Dougs Erinnerung klaffen. Was ist geschehen? Wer trägt die Schuld? Und woran eigentlich? Verrat? Ungewollte Schwangerschaft? Tod? Wenn ja, wessen?

Wie in „X“, dem ersten Band der Nitnit-Trilogie, breitet Burns im jetzt auf Deutsch erschienenen zweiten Album „Die Kolonie“ sein mit Symbolen gespicktes Psychogramm der Jugend der 1970er Jahre auf diversen Ebenen aus. Verdrängte Erinnerungen blitzen auf wie die Fotos, die Doug von seiner Freundin Nicky gemacht hat. Echsenwesen schleichen durch unterirdische Gänge wie quälende Selbstvorwürfe durch Gehirnwindungen. Der Schleier des Vergessens hängt zwischen den Welten wie die Vorhänge der auf allen Erzählebenen existierenden Krankenlager.

Die Bilder sind häufig unappetitlich, doch mehr noch als in „X“ mischt Burns diesmal das Verstörende mit dem Rührenden. Zum Beispiel wenn er Doug in Erinnerungen an die glücklichen Tage seiner Beziehung schwelgen lässt, bevor er wieder in die dunklen Tiefen des Unterbewussten abtaucht und das Nicht-Erinnern-Können des Protagonisten in der Suche von dessen Traumwelten-Avatar Nitnit nach fehlenden Fortsetzungs-Heftchen spiegelt.

Hirn oder Höhle? Das Cover des Bandes.
Hirn oder Höhle? Das Cover des Bandes.

© promo

Wie der amerikanische Autor und Zeichner dabei Wahn und Wahrheit verwebt, war schon im ersten Band ein Genuss, der nun mit zunehmender Komplexität nur noch zunimmt. Ein überwältigendes Werk: so warm wie verwirrend, so fordernd wie befriedigend.

Charles Burns: „Die Kolonie“. Reprodukt Verlag 2012. Aus dem Englischen von Heinrich Anders, Handlettering von Michael Hau, 56 Seiten, 18 Euro. Eine Leseprobe finden Sie auf der Verlags-Website unter diesem Link.

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