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Randale im Regierungsviertel: Eine Doppelseite aus dem besprochenen Band.

© Egmont Manga / CHASM

"Demon King Camio": Der Dämonenkönig von Berlin

Überspitzten Figuren, schräger Dialogwitz und detailreiches Action-Artwork: In der "Camio"-Reihe des Berliner Duos Chasm hinterlassen überirdische Gestalten auf der Erde eine Spur der Verwüstung.

Mangazeichnerin Marika Herzog und Autor Michel Decomain alias Chasm öffnen in Berlin erneut das Tor zur Hölle. In der zweiteiligen Fortsetzung "Demon King Camio" zum Manga-Einzelband „Demon Lord Camio“ schickt sich der titelgebende Dämonenlord an, den Thron in der Hauptstadt an sich zu reißen.

Nachdem der chaotische Camio, dem nachgesagt wird, er sei bei seinem Sturz aus dem Himmel als einziger auf dem Kopf gelandet, seinen Bruder Belial aus dem Verlies der Hölle befreit hat, droht der Menschenwelt die Vernichtung. Denn Belial plant, erneut gegen den Himmel in den Krieg zu ziehen. Und die Heerscharen der Hölle und die wehrhaften Engel treffen natürlich genau in der Mitte, auf der Erde, aufeinander. Camio hat allerdings inzwischen die Vorzüge und Vergnügungen und besonders das gute Essen der Menschen zu schätzen gelernt und beschließt, Belial aufzuhalten.

Ein tollpatschiger Dämon verwüstet die Innenstadt

Die völlig überspitzten Figuren, der schräge Dialogwitz und die abstruse Situationskomik sowie das detailreiche Action-Artwork verleihen dem abgedrehten, unterhaltsamen Abenteuer zwischen Menschenwelt und Hölle ein unbändiges Tempo. Einfache Witze auf Kosten der deutschen Politik und ein paar Schläge unter die Nerd-Gürtellinie dürfen auch nicht fehlen. Tiefgründiger wird es nicht und so präsentiert sich die Reihe insgesamt als unterhaltsamer Klamauk in dem Luzifer zum Bannerträger abgestempelt und Camio nahegelegt wird, sich bei der Gefallene-Engel-Seelsorge zu melden.

Detailreiches Action-Artwork: Eine Doppelseite aus dem besprochenen Band.

© Chasm / Egmont Manga

Die Zeichnungen Marika Herzogs sind detailreich und ansprechend. Die junge Künstlerin huldigt nicht nur ihrer Vorliebe für witzige Comedy-Einlagen und Speedline-geschmückte Kampfszenarien, ihr Wohnort Berlin bekommt eine ganz besondere Rolle in ihrem Werk zugewiesen. Wer schon immer mal sehen wollte, wie das aussieht, wenn ein riesiger, tollpatschiger Dämon namens Hubertus mit Gewichtsproblemen und Minderwertigkeitskomplexen die deutsche Hauptstadt in Godzilla-Manier verwüstet und danach den Fernsehturm mit einer holden Jungdämonin erklimmt, als wäre er King Kong höchstpersönlich, der sollte „Demon King Camio“ nicht verpassen. Überhaupt bedient sich Chasm derart schamlos bei bekannten Popkulturlegenden, dass es eine Freude ist. Neben den eben genannten dürften auch Fans von Titeln wie „Buffy“- und „Corpse Bride“ das eine oder andere Dämonenklischee wiedererkennen.

Leid und Verderben im Internet

Die Autoren treten mit immenser Leidenschaft eine Comedy-Lawine los, die vor allem Fans japanischer Genrestoffe wie „Noragami“ von Adachitoka begeistern wird. Das Werk eignet sich auch für die Liebhaber von Marika Herzogs von großartigen Soundwords und skurrilen Grimassen geprägtem Action-Stil, den sie bereits in „Grimoire“ (erschienen im Comic-Culture-Verlag) einprägsam zur Schau gestellt hat. Im Zusammenspiel mit Michel Decomains wüstem Brachialhumor bleibt kein Auge trocken und jede Figur einschließlich Seiner Majestät, Camio, kriegt ihr Fett weg. Schade nur, das der knöcherne Friedel, der Opferschoßhund aus dem Vorgängerwerk in „Demon King Camio“ vom putzigen Maskottchen zur fiependen Dekoration degradiert wird. Allerdings war die Ähnlichkeit mit Scraps aus „Corpse Bride“ enorm und Hubertus alias „Hubsi“ für den Zweibänder tatsächlich die bessere Wahl.

Gefallene Engel: Das Cover des jüngsten Camio-Bandes.

© Egmont Manga / CHASM

Die Geschichte „Demon King Camio“ wird in zwei Bänden erzählt, die wie auch das Prequel „Demon Lord Camio“ bei Egmont Manga erhältlich sind. Wer Camio im Netz huldigen will, kann dem schlitzohrigen Dämonen auf Twitter unter @LordCamio folgen oder ihn unter camio@gmx.net persönlich anrufen. Zudem gibt es wöchentlich einen neuen Webcomic unter www.demonlordcamio.de. Die Yonkoma-Serie (japanisches Pendant zum Comicstrip mit vier Panels) trägt den aussagekräftigen Titel „Leid und Verderben“.        

Chasm (Marika Herzog, Michel Decomain): Demon King Camio, Egmont Manga, Band 1-2: je 162 S. inklusive zwei Farbseiten, 7 €

Sabine Scholz

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