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Bis oben hin vollgepackt: Eine Seite aus "Turf".

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Comics: Gangster, Vampire und Aliens

Die britische Fernseh- und Radio-Ikone Jonathan Ross ist seit jeher ein Comic-Nerd. Jetzt liegt mit „Turf“ seine erste Arbeit als Comic-Autor in gesammelter Form vor.

New York zur Zeit der Prohibition: Gewalttätige Mobster, denen Alkohol und Geld wichtiger sind als Menschenleben. Ein zerstrittener Vampirclan aus Rumänien, der die Stadt die niemals schläft unterwerfen und eine alte Prophezeiung erfüllt sehen möchte. Ein Alien-Waffenschmuggler mit gebrochenem Herzen, der auf der Erde notlanden muss und sich mit einem gehetzten Banden-Boss anfreundet. Ein paar gute Polizisten in einem durch und durch korrupten System, die von bestechlichen Kollegen ans Messer oder viel mehr die Fangzähne geliefert werden. Und eine furchtlose Reporterin, die ihre Nase in all diese Angelegenheiten steckt, was ihr natürlich nicht allzu gut bekommt.

Ein Nerd, kein Ferd

Für sein Comic-Debüt „Turf“, das bislang nur auf Englisch vorliegt und von dem eine deutsche Ausgabe in Vorbereitung ist, stürzt Jonathan Ross das New York City der 1920er in einen brutalen Machtkampf zwischen Verlorenen und Rehabilitierten und ja, eben zwischen Vampiren und außerirdischer Feuerkraft. Am Ende geht es auch noch um nicht weniger als das Schicksal der Stadt und irgendwo sogar der gesamten Menschheit. Da liegt der Verdacht nahe, dass sich die britische Fernseh- und Rundfunk-Ikone Ross mit seinem Erstling als Comic-Schreiberling ein wenig übernommen hat. Ross ist schließlich schon immer ein großer Fan der neunten Kunst und besitzt eine riesige Sammlung samt Original-Artwork. Er ist ein echter Nerd und kein Ferd – kein falscher Nerd –, wie Mark Millar das in seinem Vorwort zum großformatigen US-Sammelband schön beschreibt. Hat Ross deshalb zu viel gewollt, zu viel in sein Debüt gepackt?

Bei der Lektüre von „Turf“ wird schnell klar, dass die Miniserie wirklich bis oben hin vollgepackt ist – trotzdem ist sie nicht überladen. Ross schafft es, eine Geschichte zu stricken, die zwar mit Überraschungen eher geizt, durch ihre Hauptfiguren, deren Verwicklungen und die Atmosphäre jedoch stets zu fesseln vermag. Letzteres ist sicherlich auch ein Verdienst von Zeichner Tommy Lee Edwards. Der hat nicht nur an unzähligen Filmen mitgearbeitet und die Style Guides für u. a. „Batman Begins“, „Superman Returns“ und „Harry Potter und der Stein der Weisen“ erstellt, sondern auch schon ungewöhnliche Marvel-Titel wie „Bullet Points“ oder „Marvel 1985“ realisiert. Sein charakteristischer Stil trägt viel zur gelungenen Stimmung der fünf Kapitel des außergewöhnlichen Revierkampfes bei.

Da kommt noch mehr

Revierkämpfer: Das Cover des US-Sammelbandes.

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Alles in allem ist „Turf“ ein respektables Debüt. Und letztlich ist die Mixtur auch nicht viel schräger als „Cowboys und Aliens“, die es diesen Sommer sogar auf die Leinwand geschafft haben. Eine – ziemlich naheliegende – Verfilmung von „Turf“ könnte in absehbarer Zukunft ebenfalls ein Thema werden. Geeignete Kandidaten für dieses Projekt gäbe es in Ross’ Umfeld zu genüge, ist er doch mit Jane Goldman verheiratet, die z. B. an den Drehbüchern zu Matthew Vaughns Comic-Verfilmungen „Kick-Ass“ und „X-Men: First Class“ mitgewirkt hat.

Tausendsassa Ross hat derweil schon zwei neue Comic-Projekte in Arbeit, nachdem er mit Edwards in der Zwischenzeit bereits eine Kurzgeschichte für IDWs Hommage-Anthologie-Serie „Rocketeer Adventures“ beigesteuert hat. Als nächstes folgt die Superhelden-Miniserie „Golden Age“, die er erneut mit Edwards umsetzen wird, und eine Science-Fiction-Geschichte, die Ross gern mit „Ultimate Spider-Man“-Zeichner David LaFuente realisieren würde. Es sieht also ganz danach aus, als ob sich Ross dauerhaft in den Revierkampf auf dem Comic-Markt einschaltet.

Jonathan Ross & Tommy Lee Edwards: Turf, Hardcover, 180  Seiten, Image, Online zwischen 23 und 32 Euro im Angebot.

Der Blog unseres Autors Christian Endres findet sich hier: www.christianendres.de.

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