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Durchtrieben: Eine Szene aus der wortlosen Erzählung.

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Humor-Comic: Mörderisches Schnabeltier

Blutrünstig, wortlos und ungeheuer komisch: Walter Moers’ Comic „Der Pinguin“ wurde neu aufgelegt. Dem folgen weitere gezeichnete Frühwerke des Käpt’n-Blaubar- und Zamonien-Erfinders.

Wie durchtrieben Pinguine ungeachtet ihres knuffigen Aussehens sein können, ist spätestens seit der Wallace-und-Gromit-Episode „Die Techno-Hose“ bekannt, in der ein Polarvogel namens Feathers McGraw sich als Untermieter einschleicht und seine Gastgeber in einen Museumsraub verwickelt.

Dieser zwielichtige Charakter ist allerdings eine kleine Nummer im Vergleich zu jenem Killer-Pinguin, den Walter Moers in den 1990er Jahren in einer wortlosen Comic-Kurzgeschichte verewigte. Jetzt wurde die einst unter dem Titel „Wenn der Pinguin zweimal klopft“ publizierte Erzählung des Autors und Zeichners, der als Erfinder von Käpt’n Blaubar und dem Zamonien-Universum von Kindern und erwachsenen Literaturfans gleichermaßen verehrt wird, unter dem Titel „Der Pinguin – a Very Graphic Novel“ neu koloriert und wieder aufgelegt. Dem sollen weitere Moers-Frühwerke folgen. Den Anfang macht Ende Februar die Bibelparodie „Jesus total“.

Das gibt nachgewachsenen Lesergenerationen die Möglichkeit, einen der vor zwei Jahrzehnten stilbildenden deutschen Comic-Humoristen neu zu entdecken, der mit Figuren wie dem kleinen Arschloch oder einem in die Gegenwart versetzten Adolf Hitler vormachte, wie befreiend und komisch politisch unkorrekter Humor sein kann.

„Der Pinguin“ erzählt mit den für Moers typischen aufs Wesentliche reduzierten Zeichnungen von einer schicksalhaften Begegnung am Ende der Welt, die in einem blutigen Massaker endet.

Ein Pinguin schneit eines Tages bei einem Inuit-Paar herein. Der glubschäugige Vogel mit dem Riesenschnabel macht es sich gegen den Willen des Paares im Iglu bequem, lässt sich mehr und mehr gehen, provoziert seine Gastgeber und steigert sich in einen Drogen- und Gewaltrausch hinein, dessen lustvolle Präsentation an Quentin Tarantino erinnert.

Wie Moers es schafft, aus den wenigen Zutaten irre witzige Wendungen zu entwickeln und mit minimalen Mimik-Veränderungen die wechselnden Gefühle seiner Figuren auszudrücken, ist große Kunst. Manchmal bedarf es nur eines veränderten Strichs in den Gesichtern des Pinguins oder seiner Gastgeber, und die Stimmung kippt von Lust zu Horror, oder umgekehrt.

Blut wird fließen: Das Cover des Buches.
Blut wird fließen: Das Cover des Buches.

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Der morbide Humor, das ironische Spiel mit Grenzüberschreitungen, das traumwandlerische Gespür für Pointen – all das, wofür seine anderen Comicfiguren berühmt wurden, ist auch in diesem Büchlein zu bewundern. Eine überfällige Wiederentdeckung.

Walter Moers: Der Pinguin – a Very Graphic Novel. Knaus, 108 Seiten, 14,99 Euro

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