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Power-Pointen: Elias Hauck und Dominik Bauer bei einer früheren Lesung.

© Promo

Cartoon-Lesefestival in Berlin-Mitte: Lach- und Nacht-Geschichten

Das Künstlerduo „Hauck & Bauer“ hat das erste Cartoon-Lese-Festival ins Leben gerufen. An diesem Wochenende darf 24 Stunden lang gelacht werden.

2001 soll es schon einmal passiert sein. Im Kaffee Burger, Mitte. Wagemutige Cartoonisten betraten die Bühne, legten Dias ein und lasen ihre Cartoons vor. Einfach so. Die Folge: Hemmungsloses Gelächter.

Auch Elias Hauck und Dominik Bauer, beide Jahrgang 1978 und obendrein aus demselben unterfränkischen Örtchen namens Alzenau stammend, saßen im Publikum. Die beiden kennen sich seit der Schulzeit und begannen Ende der 1990er Jahre zusammen Cartoons auszuhecken, also Bildsatiren, die im Gegensatz zu Comics meist nur aus einem Bild oder einer kurzen, in sich abgeschlossenen Bilderfolge bestehen.

Cartoons öffentlich vorzutragen, das ist in der Cartoonisten-Szene inzwischen schwer in Mode. So kam dem Duo die Idee, ein Festival auszurichten. „24-Stunden-Cartoon – Das 1. Cartoon-Lese-Festival der Welt“ nennen sie das selbstbewusst, es findet an diesem Wochenende von Sonnabend 16 Uhr bis Sonntag 16 Uhr im Babylon in Mitte statt.

„Ihr Kind ist nicht hochbegabt. Sie sind nur beide sehr, sehr dumm.“

Tatsächlich gibt es viele Comic- oder Animationsfilm-Festivals, Cartoon-Festivals dagegen keine nennenswerten. Doch was ist eigentlich das Besondere daran, Cartoons live vorgetragen zu bekommen? Dominik Bauer: „Man hört zu den Bildern zum ersten Mal die Stimmen der Figuren so, wie sie ihre Schöpfer im Ohr gehabt haben. Das ist lustiger, als die Cartoons selbst zu lesen.“ Seit 2003 fabriziert das Duo „Hauck & Bauer“ den Strip „Am Rande der Gesellschaft“ für die „FAS“, außerdem regelmäßig Cartoons und Texte für das Satiremagazin „Titanic“ und die Satirerubrik SPAM beim „Spiegel“. Schon zweimal erhielten sie den Deutschen Karikaturenpreis in Silber.

Hauck zeichnet, Bauer textet, und das kann manchmal ganz schön böse werden. Wenn etwa zwei Eltern einem Lehrer gegenübersitzen, und dieser konstatiert: „Nun, Ihr Kind ist nicht hochbegabt. Sie sind nur beide sehr, sehr dumm.“

Er notiere ständig Ausgangssituationen für Witze, erklärt Dominik Bauer, „ob beim Zeitungslesen oder beim Bahnfahren.“ Mit dem Material wird dann zu Hause gearbeitet. „Wenn Elias einen Witz nicht lustig findet, muss er ihn nicht zeichnen. Wenn ich mit der Zeichnung nicht zufrieden bin, muss er noch mal ran.“

Zeichner Elias Hauck, ein zierlicher, jungenhafte Mann mit lustig zur Seite gekämmtem dunklen Haar, lebt in Prenzlauer Berg, seine Wohnung ist gleichzeitig Büro und Atelier. Bauers Ideen setzt er stets mit wenigen, äußerst pointierten, zugleich unruhig wirkenden Strichen um. Mit Bleistift, ohne optischen Schnickschnack. Leo Fischer, der frühere Chefredakteur der „Titanic“, war es, der die beiden bereits vor Jahren überredete, ihre Cartoons als Lesung zu präsentieren. „Das macht immer viel Spaß“, sagt Hauck, der privat eher scheu wirkt, „die Bilder werden an die Wand projiziert, und wir lesen unsere Texte mit verteilten Rollen.“

„Der König liest, das Volk soll lauschen“

Hauck & Bauer entschlossen sich, das Budget für das Festival per Crowdfunding zu sammeln. 30 000 Euro brauchten sie. Minuten vor Ablauf der Aktion kam der Zielbetrag durch ein paar großzügige Sponsoren, unter anderen das Satire-Nachrichtenmagazin „Der Postillon“, zusammen. Die Künstler zu bekommen, sei hingegen ganz einfach gewesen. „Manche wie der Leipziger Zeichner BECK wollten unbedingt nachts auftreten“, sagt Hauck. „Und Sperzel will in aller Herrgottfrühe eine Hallo-Wach-Vorstellung mithilfe seiner E-Gitarre geben.“

TV-Comedian Wigald Boning und Travestiekünstler Ades Zabel (besser bekannt als Edith Schröder) stellen die Künstler vor, stellen altkluge oder vollkommen abwegige Fragen. Am Sonnabend geht es um 16 Uhr los mit dem Hamburger Zeichner und Selbstdarsteller Til Mette, dem die Berlinerin Katharina Greve folgt – jene Künstlerin, die 2013 den Papst-Benedikt-Rücktritt auf den Tag genau in einem Cartoon vorhersagen konnte. Um 23 Uhr werden OL und Rattelschneck auftreten, quasi als Warm-up zu Comic- und Cartoon-Star Ralf König um Mitternacht, der in seinem Programm „Der König liest, das Volk soll lauschen“ ein Potpourri aus Bibel-, Schwulen- und Hundewitzen sowie eine Neufassung von „Max und Moritz“ präsentiert. Möglicherweise werden die wildesten Satiren aber zu dunkelster Stunde vorgetragen: Um 2 Uhr nachts schaltet Til Mette, diesmal als Moderator, live nach Los Angeles, um Matt Diffee, einen Cartoonisten des Magazins „The New Yorker“, vorzustellen.

Tagesspiegel-Zeichner Flix kann hingegen am Sonntag um 11 Uhr ausgeschlafen seine Cartoons vorlesen. Gleich danach wird der 2004 verstorbene Zeichner Bernd Pfarr mit einer Lesung von Hans Zippert geehrt. Ganz am Ende begrüßt „FAZ“-Redakteur Andreas Platthaus drei Altstars des gemalten Cartoons: Michael Sowa, Rudi Hurzlmeier und Ernst Kahl. Joscha Sauer („Nicht lustig“) zeigt seinen Animations-Kurzfilm, Piero Masztalerz macht Stand-up-Comedy.

Aber kann man denn 24 Stunden durchlachen? „Das wollen wir ja ausprobieren“, sagt Dominik Bauer. „Eventuell muss man zwischendurch auch mal weinen. Niemand weiß es.“ Und, Geheimtipp von Hauck & Bauer: „Wir empfehlen nach jedem dritten Bier einen Kaffee.“

24 Stunden Cartoon-Festival, 5. & 6. September, 16–16 Uhr, Kino Babylon Mitte, das 24h-Ticket 30 Euro, Sonnabend 20 Euro, Sonntag 10 Euro.

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