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Nicht für jeden nachvollziehbar: Worte und Bilder ergeben bei Craig Thompsons „Habibi“ eine künstlerische Einheit.

© Reprodukt

Nach Eklat um Comic-Ausstellung an Duisburger Uni: Gericht bestätigt Strafe nach Attacke auf Comic-Poster

Eine muslimische Studentin hatte 2013 ein Ausstellungsplakat mit Motiven der Comiczeichnerin Rutu Modan zerstört und eines mit Bildern von Craig Thompson abgehängt. Sie war zu einer Geldstrafe verurteilt worden - zu Recht, wie jetzt bestätigt wurde.

Im Rechtsstreit um die Beschädigung eines Ausstellungsplakats kann sich die muslimische Angeklagte nicht auf ihre Glaubensfreiheit berufen. Die im Grundgesetz garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit erlaube keine Sachbeschädigung, erklärte das Oberlandesgericht Hamm in einem am Dienstag veröffentlichten rechtskräftigen Urteil.

Die Studentin hatte im Jahr 2013 in Duisburg das Plakat einer studentischen Comic-Ausstellung mit einer Schere zerstört, weil sie durch die Abbildung ihre religiösen Gefühle verletzt sah. Die Collage-Poster der Seminarteilnehmer befassten sich mit Graphic Novels zu politischen und gesellschaftlichen Sujets, sie kombinierten Bildmotive, fügten wohl teils Texte hinzu.

Eines der Plakate in der am 23. Mai 2013 eröffneten Schau zeigte religiöse und sexuelle Motive aus Craig Thompsons fantastischer Graphic Novel „Habibi“, auch die Szene einer Vergewaltigung neben dem Schriftzeichen für Allah. Thompsons 672-Seiten-Werk von 2011 greift die Kunst der Kalligrafie und der orientalischen Märchen auf, um die tragisch-drastische Geschichte zweier Sklavenkinder zu erzählen. Es geht um Frauendiskriminierung: Das Mädchen muss sich prostituieren, um zu überleben, es wird in einen Harem verschleppt. Der Junge lässt sich zum Eunuchen entmannen, um sie aus dem Sultanspalast zu befreien.

Einige Muslime empfanden die Collage als islamfeindlich. Die Studentin hängte das Plakat ab. Der Vorsitzende des Islamischen Studentenbundes von Duisburg-Essen erklärte damals, viele Muslime an der Uni hätten in dem Bild eine Beleidigung ihres Gottes gesehen. Es sei ein gutes Zeichen, dass das Plakat nicht wieder aufgehängt wurde. Am 24. Juni zerschnitt die Studentin ein zweites Poster mit der Schere, um es der Bibliotheksleitung als Torso zu übergeben. Offenbar handelte es sich um eine Collage, die sich mit einer Demonstrationsszene aus Rutu Modans „Blutspuren“ befasste, einer Graphic Novel zum Nahostkonflikt.

Die Universität Duisburg-Essen hatte nach dem Vorfall die Ausstellung vorzeitig beendet. Das hatte zu einer bundesweiten Debatte über Meinungsfreiheit und Selbstzensur geführt.

Die aus Marokko stammende Angeklagte war wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt worden. Das Oberlandesgericht wies die eingelegte Revision gegen das Urteil zurück. Zur Begründung hatte das Gericht angeführt, ein Bibliotheksmitarbeiter habe ihr angeboten, die Stelle zu überkleben. Damit hätte die Frau ihre Glaubens- und Gewissensentscheidung auch straffrei umsetzen können, hieß es zur Begründung. (epd/lvt)

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