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It's a Man's World. Angoulême ist für sein Comicfestival berühmt - und für seine damit korrespondierenden Wandgemälde. Dieses stammt von Comiczeichner Yslaire.

© Lars von Törne

Sexismusdebatte: Comicfestival Angoulême lenkt nach Protesten ein

Nach dem Eklat um die nur aus Männern bestehende Grand-Prix-Liste rudern die Veranstalter des Comicfestivals Angoulême zurück.

Lange Zeit stimmte James Browns Feststellung „It’s a Man’s World“ auch für die Comicszene – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Allerdings hat sich das in den vergangenen Jahren langsam geändert, Zeichnerinnen wie Marjane Satrapi („Persepolis“), Alison Bechdel („Fun Home“) oder Naoko Takeuchi („Sailor Moon“) haben auch einem größeren Publikum gezeigt, dass die Szene kein Gentlemen’s Club mehr ist. Zwar sind Frauen nach wie vor eine Minderheit, aber die wächst rapide.

Wie schwer es manchen Akteuren in der Comicszene fällt, die Veränderungen anzuerkennen, zeigen die jüngsten Auseinandersetzungen um das Comicfestival im französischen Angoulême. Die bedeutendste europäische Comicveranstaltung findet in diesem Jahr vom 28. bis 31. Januar statt, ihr Symbol ist die schwarzweiße Figur „Le Fauve“, eine Wildkatze. Dieses Jahr ist es vorab zum Eklat gekommen: Die vergangene Woche von den Veranstaltern publizierte Liste von 30 Künstlern und Autoren, die für den Grand Prix de la Ville d’Angoulême fürs Lebenswerk nominiert wurden, verzeichnete ausschließlich Männer.

„Bahn frei für alle Autoren“

Die internationale Entrüstung war groß; Sexismus-Vorwürfe und Boykottaufrufe von Fans und Künstlern wurden laut, und bereits nominierte Comic-Autoren wie Riad Sattouf („Der Araber von morgen“) oder Joann Sfar („Die Katze des Rabbiners“) erklärten, für die Preisverleihung nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Dem Festival drohte ein enormer Imageschaden. Also ruderte man zurück, erst halbherzig, dann mit voller Kraft.

„Das Festival kann die Geschichte des Comics nicht umschreiben“, erklärten die Veranstalter in einer ersten Stellungnahme. Der Grand Prix werde nun mal an Autoren und Zeichner vergeben, die die Kunstform nachhaltig geprägt hätten – und das seien eben größtenteils Männer. Dennoch werde man die Liste um einige Comic-Schöpferinnen erweitern – ein Schritt, der erneut viel Kritik provozierte. Tags darauf dann die komplette Kehrtwende: Unter dem Titel „Bahn frei für alle Autoren“ erklären die Veranstalter, dass wegen der Kontroverse nun jeder Abstimmende über den Lebenswerk-Preis ganz frei ohne Vorab-Nominierungen einen Favoriten benennen kann – egal welchen Geschlechts.

Womit die Entscheidung jetzt allerdings erneut in größtenteils männlichen Händen liegt. Denn abstimmungsberechtigt sind alle Comicschaffenden, deren Werk in Frankreich veröffentlicht wurde. Schätzungen zufolge sind 90 Prozent von ihnen Männer.

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