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„Snow Angel“ ist Reneé Rapps erstes Album. Sie erinnert mit ihren persönlichen Songs inklusive rockigen Elementen an Olivia Rodrigo, Harry Styles und P!nk.

© Universal Music

Das Phänomen Reneé Rapp: Die neue Generation Superstar, die wir alle brauchen

Es geht um Brüste als Akt der Selbstermächtigung, um gelebten Feminismus und gebrochene Herzen. Über eine Künstlerin, die Hoffnung macht.

Es ist Zeit für „Tittentalk“ an diesem Freitagabend: Bei ihrem ausverkauften Konzert im Huxleys wird Reneé Rapp von einem Fan im Publikum davon unterrichtet, dass sie sich endlich die „Tits“ habe neu machen lassen, Rapp gratuliert ihr, „Good for you, bitch!“

Hinten gibt es unter anderem ein T-Shirt zu kaufen, das folgenden Satz trägt: „Good Tits Big Heart“, ein Zitat aus Rapps Song „Tummy Hurts“, in dem es um unerwiderte Liebe und enttäuschte Erwartungen geht, und Rapp darum fleht, doch wenigstens für ihre „guten Brüste“ und ihr „großes Herz“ anerkannt zu werden.

Überhaupt sind die Transparente an diesem Abend explizit, auf einem steht „You are my freepass“, also ein Freischein, der es denjenigen in einer monogamen Beziehung erlaubt, Sex mit einem Star zu haben, sollte sich diese Gelegenheit bieten. Auf einem anderen steht „Give me (m)oral support“, eine weitere, zugegeben sehr lustige, Einladung zu ein bisschen Bettgymnastik. Reneé Rapp lacht, als sie das Schild bemerkt.

Sie lacht viel und sie erzählt viel zwischen ihren Songs; Power-Pop-Nummern, mit viel Bombast und starken Emotionen, die von ihrer gut gelaunten Band erstklassig vorgespielt und von Rapp mit makelloser Stimme weggeschmettert werden.

Eine kleine Gemeinschaft

Die 24-Jährige wirkt nahbar, unterstützt einen Fan, der heute auf diesem Konzert sein Coming-out vor der besten Freundin hatte. Es geht überhaupt viel um Sexualität, Rapp lebt offen queer und thematisiert das oft und gerne in Interviews und Songs, aber es geht eben nicht um das Ausstellen von Sex. Es wird körperlich, es wird sexy getanzt, aber der Körper ist kein Objekt, sondern Teil der eigenen Persönlichkeit, für den man sich, genau wie für die eigene Weiblichkeit, nicht entschuldigt. Somit sind auch die anfangs erwähnten Gespräche über „Tits“ eine Form der Selbstermächtigung.

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Vielleicht wirkt der Abend so intim, weil das anwesende Publikum hauptsächlich weiblich und/oder queer ist. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass dieses Konzert in einem verhältnismäßig kleinen Rahmen stattfindet. Man kann annehmen, dass Reneé Rapp nicht noch mal in einem so kleinen Veranstaltungsort spielen wird.

Die Neuverfilmung von „Mean Girls“ sollte erst gar nicht ins Kino, sondern direkt in den Videoverleih. Nun ist es aber ein ziemlicher Erfolg an den Kinokassen.
Die Neuverfilmung von „Mean Girls“ sollte erst gar nicht ins Kino, sondern direkt in den Videoverleih. Nun ist es aber ein ziemlicher Erfolg an den Kinokassen.

© Paramount

Die noch kurze Karriere der Amerikanerin erlebt nämlich gerade einen ziemlichen Kickstart: 2019 war Rapp am Broadway zu sehen, sie spielte danach in der Serie „The Secret Sexlife of College Students“ eine Hauptrolle, 2023 hat sie ihr Debütalbum „Snow Angel“ herausgebracht und Anfang dieses Jahres kam die Musical-Neuverfilmung des Kult-Teeniefilms „Mean Girls“ in die Kinos. Das Original erschien 2004, mit Lindsay Lohan als graue Maus, die als Teenager erstmals eine amerikanische Highschool besucht und Rachel McAdams, die Antagonistin, die als Oberhaupt der Schönen und Reichen allen Pubertierenden das Leben zur Hölle macht. Letztere wird nun von Rapp verkörpert.

Bis heute ist der Streifen aus der Feder Tina Feys, Autorin und Komödiantin, ein unermüdlich zündelndes Feuerwerk an Zitaten und Bildern, die ironisch-bissig und dabei immer noch aktuell sind. Die Meinungen zur Neuauflage fallen wohlwollend, aber verhalten aus, die Kolleginnen beim „New Yorker“ sind sich jedoch einig: Das einzig gute an dem Streifen ist Reneé Rapp, die dem Film-Biest eine gegenwärtige Frische verleiht.

Die Ikone der Gen-Z?

In eben jener Gegenwart kennt Rapp sich nun mal aus: Die Künstlerin wird von der Gen-Z als Star gefeiert, der ungefiltert wichtige Werte und Authentizität verkörpert. Sie hat etwa kein Problem damit, in Interviews nicht das üblich glattgeschmiergelte PR-Blabla runterzurattern, sondern auf Fragen tatsächlich zu reagieren: Sie spricht dann offen über mentale Gesundheit oder Konkurrenzkämpfe und tut das mit herrlich viel Ironie und Coolness – oder stellt dumme Fragen bloß, indem sie den Interviewer schlagfertig in seine Schranken weist.

Reneé Rapp steht mit ihrer Attitüde, ihrer Musik, aber auch ihren Auftritten für eine neue Art des Stars, der im großen Showkosmos nicht nur ein bloßes Produkt ist, sondern merklich versucht, die Welt ihrer Anhängerinnen ein bisschen besser zu machen. Bei denjenigen, die längst jenseits von Rapps Zielgruppe sind, evoziert sie ein Bedauern: Die Künstlerin ist genau das Vorbild, dass man selbst damals, mit Anfang 20, gebraucht hätte.

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