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Die Kreuzigung Christi von Rogier van der Weyden.

© Gemäldegalerie

Die Geschichte hinter dem Bild: Rogier van der Weyden, Werkstatt – Kreuzigung Christi

Das Gemälde eines Künstlers aus der Werkstatt von van der Weyden hat eine lange und aufwändige Restaurationsgeschichte.

Eine Kolumne von Babette Hartwieg

In dieser österlichen Szene umringt Maria verzweifelt den Kreuzesstamm und blickt zu ihrem gekreuzigten Sohn auf. Ihre Haltung wird mit dem Spruchband, das sich von ihrem Mund emporwindet, zusätzlich kommentiert (deutsch: „Oh Sohn, lass mich herankommen und den Fuß des Kreuzes mit den Händen umarmen“).

Dass sich überdies Blutstropfen aus der Seitenwunde Christi mit Tränen auf Marias Gesicht mischen, ist fast zu viel der Dramatik. Drei Frauen in reicher Kleidung begleiten die Gottesmutter und zeigen auf unterschiedliche Weise Trauer und Sympathie. Johannes wendet sich ab von dem Geschehen und steht mit erhobenem Arm in einer merkwürdigen Position auf dem Berg Golgatha, von dem aus sich die Aussicht in eine weite Landschaft unter gewittrig dunklem Himmel bietet.

Das Gemälde ist einem talentierten Mitarbeiter der Rogier-van-der-Weyden-Werkstatt zuzuschreiben und auf etwa 1440 zu datieren – das ergab das vergleichende Studium in der Ausstellung der Berliner Gemäldegalerie „Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden“ 2009.

Stark vergilbte Firnis

Warum aber präsentiert die Gemäldegalerie dieses in seiner Feinmalerei höchst qualitätvolle Andachtsbild mit einem so stark vergilbten Firnis in ihrer herausragenden Altniederländer-Sammlung?

Mit dieser Frage gingen die Restauratorinnen der Gemäldegalerie an eine gründliche technologische Untersuchung. Der Blick durch das Stereomikroskop ließ an vielen Stellen Gold erkennen: entlang des Schriftbandes, aufblitzend auch durch Christi halbtransparentes Lendentuch, das sich im Winde bauscht, und um den Lockenkopf des Johannes. Auch fiel die gröbere Pigmentstruktur im Bereich der Landschaft oberhalb des Golgatha-Berges auf.

Mit Röntgen- und Infrarotstrahlen untersucht

Alle Informationen, auch die Auswertung der Röntgen- und Infrarotaufnahmen, zusammengenommen wurde klar, dass der Hintergrund ursprünglich vollständig vergoldet, aber teilweise beschädigt war. Ein Regenbogen aus halbtransparenten, sogenannten Lüster-Farben auf Gold, der von Goldgelb über Grün und Blau zu Rot changierte, bildete einen oberen Rundbogenabschluss. Er macht den analogen Farbwechsel in den Kleidern des Engelschors erst plausibel. Himmel und Landschaftsausblick dagegen wurden vermutlich erst im 16. Jahrhundert hinzugefügt.

Ursprünglich standen die Figuren also wie in einem Relief vor Goldgrund. Später hat man versucht, den Firnisüberzug zu regenerieren, wobei Lösemitteldämpfe Malschichten unterschiedlichen Alters, besonders die originalen bindemittelreichen Lüster-Farben, mit dem Firnis verschmelzen ließen. Eine Firnisabnahme verbot sich bei dieser Ausgangslage.

Darüber hinaus ist die Veränderung des Hintergrunds inzwischen Teil der Objektgeschichte und unbedingt erhaltenswert. So erklärt sich das aktuelle Erscheinungsbild des in der Gemäldegalerie ausgestellten Werkes.

Dr. Babette Hartwieg ist Chefrestauratorin der Gemäldegalerie

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