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Kultur: Dies Koma ist bezaubernd schön

Akrobatische Gedichte von Konstantin Ames

Die Position des Anarchisten, der sprachliche Dekonstruktionsarbeiten verrichtet, war in der Lyrikszene nach dem Tod Thomas Klings lange vakant. Am kompromisslosen Experiment versucht sich nun seit einiger Zeit der aus dem Saarland stammende, 1979 geborene Wahl-Berliner Konstantin Ames, der als selbsternannter „Schnösel vom Literaturinstitut“ schon einige exzellente Talentproben abgeliefert hat.

Nach einigen Auftritten in Zeitschriften und auf diversen Lesebühnen legt Ames nun via Direktvertrieb im Internet seinen ersten Gedichtband „Alsohäute“ vor, in der „roughbooks“-Reihe von Urs Engeler. Was Ames in einem Essay einmal als „Verhohnepiepelung“ und „forcierte Flapsigkeit“ bezeichnet hat, wird hier mit Feuereifer in zwei Dutzend Gedichten zelebriert: eine zwischen Alltagswitz, Kalauer, hohem Ton und Sprachresteverwertung balancierende Wortakrobatik, die ihren Sprachstoff unablässig grammatischen Zerreißproben unterzieht.

Es geht hier nicht mehr um die Evokation von Befindlichkeiten oder gar Bekenntnisse eines lyrischen Ich, sondern um die Produktion einer sich permanent selbst generierender Sprachturbulenz. Der Autor posaunt diese Anstrengung nicht als avantgardistisches Dogma hinaus, sondern kennzeichnet das gelegentlich Hyperaktive seines Verfahrens selbstironisch: als Methode eines Vortragskünstlers, „der mit seinen mitunter experimentell lautmalerischen Fersen nur rumstampfte wie ein weinroter Elefant auf der Trommel“. Seine fröhliche Wissenschaft der Dichtkunst kommentiert Ames mit gewitzten Fußnoten und „tranchierten Poenten“: „Banane ist hase, ich weiß von nutz.“ In seinen Travestien von alten Gedichtformen lässt sich Ames als heiterer „Hölderloin“ gerne von seiner Lust am Assoziieren überwältigen. Noch fehlt der Eulenspiegelei manchmal die formale Disziplin. Aber die selbstkritischen Zurufe sind nicht zu überhören: „Dies Koma ist bezaubernd schön. Dies Koma ist nicht neu genug.“ Michael Braun

Konstantin Ames: Alsohäute. Gedichte. roughbook 011, Leipzig und Holderbank SO, 2011. 60 Seiten, 7,50 €. (www.roughbooks.ch)

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