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Literatur: Angst, Ikea zu hassen

Avantgardistische Lyrik aus Katalonien

Schon Enzensberger versuchte, der Avantgarde Widersprüche nachzuweisen. Nun hat der Lyriker Ulf Stolterfoht eine späte Entgegnung auf Enzensberger geschrieben. Mit ruhigem Kopf entwickelt er eine knapp gehaltene Definition. Experimentelle Texte sind für Stolterfoht solche, die nicht auf eine feste, schon vorher ausgemachte Bedeutung zielen. So gesehen schreiben die vier katalanischen Dichter, die in der vorliegenden Anthologie versammelt sind, Avantgardelyrik im eminenten Sinne. Eduard Escoffet etwa glaubt an die „unmerkliche bewegung des wortes“. In seinen Litaneien misst er den Raum zwischen Begriffen wie „Schrift“ und „Schweigen“, „Liebe“ und „Angst“ aus, wozu auch die „angst, ikea zu hassen“ gehört. Oder Victor Sunyol, der über kleine Einschübe die Sinnbildung fortwährend verschiebt: „vielleicht nur hier / (wo weder der schatten / oder ein unterholz so warm) // vielleicht nur weder der schatten / noch / die luft die wacht / vielleicht // – vielleicht nur das meer –“. Axel Sanjosé hat für den Band eine schöne Auswahl getroffen. In seiner Übersetzung macht er den Wechsel der Bedeutungen spürbar und findet immer wieder klangstarke Formen wie das „nuckeln / am leckeren / schnuller der hagelschnur“. Nico Bleutge

Axel Sanjosé (Hg.): vier nach. Katalanische Lyrik nach der Avantgarde. Katalanisch – deutsch. Übersetzt von Axel Sanjosé. Stiftung Lyrik Kabinett, München 2007. 112 Seiten, 18 €.

Nico Bleutge

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