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Antifaschisten: Unter die Räder gekommen

"Helden der Hoffnung" - ein Buch über die sudetendeutschen Hitlergegner.

"Das diesjährige Weihnachten“, sagte der tschechoslowakische Präsident Benes in seiner Weihnachtsansprache 1946, „bekommt eine besondere Bedeutung, einen eigenen Charakter auch dadurch, dass wir es in unserem Vaterland erstmals ohne Deutsche feiern.“ So mussten es auch die vertriebenen Sudetendeutschen empfinden, für die damals gleichzeitig das große Kapitel ihrer Heimatvergangenheit endete.

Für die meisten von ihnen begann ein neues Kapitel als Vertriebene in der Bundesrepublik oder als „Umsiedler“ in der DDR. Die Geschichte ihrer Vertreibung war dort weitgehend tabu. Erst nach der Vereinigung 1989 und der samtenen Revolution in Prag ist daraus wieder ein Thema geworden, über das ohne Scheuklappen berichtet werden kann.

Eine notwendige Ergänzung liefert Alena Wagnerová nun mit ihrer Studie „Helden der Hoffnung“. Gemeint sind die fünf bis zehn Prozent sudetendeutschen Antifaschisten – Sozialdemokraten, Kommunisten, Katholiken –, die als loyale Staatsbürger der tschechischen Republik weder freiwillig – wie die „Henleindeutschen“ unter Hitler – noch unfreiwillig 1945 „heim ins Reich“ wollten. „Will man vom Unrecht der Vertreibung der Deutschen aus der CSR sprechen“, meint Wagnerová, „so müsste man an erster Stelle die Antifaschisten nennen“. Auch von ihnen konnten letztendlich nur rund 6000 der Vertreibung entgehen und in der alten Heimat zurückbleiben, während rund 79 000 – überwiegend Sozialdemokraten - in die spätere Bundesrepublik und rund 50 000 Kommunisten in die DDR gelangten.

Erst 2005 hat ihnen die tschechische Regierung ihre „tiefe Anerkennung“ ausgesprochen und ihr „großes Bedauern“ erklärt, „dass einigen dieser Personen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges keine angemessene Würdigung zuteil wurde“. Das war ein Wort, auf das viele lange gewartet hatten, die in ihrer neuen Heimat auf der Verliererseite standen – ob sie mit dem Ende der DDR die dritte Niederlage ihrer sozialistischen Ideale erlebt hatten oder in der Bundesrepublik abseits ihrer Landsmannschaften standen.

Alena Wagnerová hat aus 100 Zeitzeugengesprächen fünfzehn charakteristische Porträts solcher „anderen Deutschen" ausgewählt, die ihre Geschichte und die Vorgeschichte der Vertreibungen von 1945 beschreiben. Niemand wird sie ohne Erschütterung lesen.

Alena Wagnerová (Hg.): Helden der Hoffnung. Die anderen Deutschen aus den Sudeten 1935-1989. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 272 Seiten, 24,95 Euro.

Hannes Schwenger

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