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Lesestoff: Hitlers Fünfte Kolonne

Volker Koop: Hitlers Fünfte Kolonne. Die Auslands-Organisation der NSDAP.

Wäre aus Berlin jemals die „Reichshauptstadt Germania“ geworden, die Adolf Hitler und sein Architekt Speer erträumten, dann hätte die „Große Halle“ als Bekrönung eine Weltkugel in den Fängen des Reichsadlers getragen. Nichts weniger als die Weltherrschaft war das Fernziel des „Führers“. Ansätze dazu gab es tatsächlich: die „Auslands-Organisation“ (AO) der NSDAP. Überall war die AO aktiv, wo es „Volksdeutsche“ gab, also sich Deutschland zugehörig fühlende oder auch nur zugerechnete Deutsche und deren Nachfahren – Migranten einer jahrhundertelangen Auswanderungsbewegung. In nicht weniger als 76 Staaten war die AO tätig, es gab sogar einen „Gau Amerika“. Wenig ist über die AO bislang publiziert worden; im Überblick bezeichnenderweise allein von einem amerikanischen Historiker 1977. Zu sehr stand die AO im Schatten des Auswärtigen Amtes. Zudem nahm die AO ein unrühmliches Ende: Ihr formelles Oberhaupt, der „Stellvertreter des Führers“ Rudolf Heß, wurde nach seinem merkwürdigen Englandflug 1941 zur Unperson, seine Adjutanten kamen ins KZ. Volker Koop, früher Journalist und jetzt freier Publizist, hat sich die Geschichte der AO vorgenommen und ein allein schon durch vorzügliche Orts- und Personenregister höchst informatives Buch geschrieben, das die Tätigkeit von „Hitlers Fünfter Kolonne“ beleuchtet. Stets stand die AO in Konkurrenz zum AA, dem Auswärtigen Amt in der Wilhelmstraße. Doch die AO erwies sich als ungeeignet, die Weltherrschaftsvisionen des „Führers“ zu befördern. Überall stieß sie auf Misstrauen, und je deutlicher sich die NS-Rassenpolitik äußerte, desto stärker wurde das Misstrauen. Ob in Brasilien oder den USA, die – reichlich dilettantische – Spitzel- und Wühltätigkeit der AO wurde zunehmend eingeschränkt und nach Kriegsbeginn ganz unterbunden. Tatsächlich war die AO ein Abbild der NSDAP, sowohl in ihrem rücksichtslosen „Gleichschaltungs“-Gebaren wie in ihrer Rassenideologie. Und sie fand, auch das zeigt Koop, überall willige, bisweilen selbst der NSDAP allzu forsche Helfer unter den Auslandsdeutschen. Insgesamt ist die Geschichte der AO nur ein Randaspekt der NS-Zeit; wohl aber einer, der den totalitären Charakter dieses Regimes besonders deutlich macht. Bernhard Schulz

Volker Koop: Hitlers Fünfte Kolonne. Die Auslands-Organisation der NSDAP. be.bra Verlag, Berlin 2009. 301 S., 24,95 €.

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