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Horace Engdahl

© dpa

Schweden: Jury-Chef für Literaturnobelpreise tritt zurück

Überraschend verkündet Horace Engdahl, bisher Chef des Literaturnobelpreis-Gremiums, er werde sein Amt abgeben. Vorausgegangen war harsche Kritik an der Haltung zu dem Schriftsteller Roberto Saviano, der einen Enthülllungsroman über die Mafia verfasst hat.

Der Historiker Peter Englund (51) wird neuer Chef der Stockholmer Jury für den Literaturnobelpreis. Wie die Zeitung "Svenska Dagbladet" am Sonntag berichtete, tritt der Literaturwissenschaftler Horace Engdahl (59) als bisheriger "Ständiger Sekretär" des 18-köpfigen Gremiums nach zehn Jahren Jahren überraschend ab.

Engdahl gibt sein Spitzenamt am 1. Juni 2009 ab, bleibt aber weiter einfaches Mitglied mit Stimmrecht. Er begründete seinen Schritt damit, dass er nun "einsam in einer Kammer schreiben" sowie seiner Ehefrau Ebba Witt-Brattström bei deren Gastprofessur nach Berlin folgen wolle. Dort freue er sich darauf, in Cafés zu sitzen und "scharfe Meinungen" zu formulieren, ohne dass "das Haus zusammenkracht oder ein Echo aus den USA kommt".

Der 1997 in die Akademie gewählte Schwede spielte damit auf zuletzt massive Kritik an, nachdem er kurz vor Vergabe des diesjährigen Nobelpreises an den Franzosen Jean-Marie Le Clézio die US-Literatur pauschal verurteilt hatte. Empörte Kritik hatte auch seine zeitweilige Haltung hervorgerufen, den italienischen Schriftsteller Roberto Saviano nicht unterstützen zu wollen. Saviano wird von der Mafia mit Mord bedroht.

Die Mafia - eine "rein polizeiliche Angelegenheit"

Engdahl hatte seine Haltung damit begründet, dies sei eine "rein polizeiliche Angelegenheit". Nach offenbar heftigen internen Auseinandersetzungen in der Akademie wurde Saviano dann doch zusammen mit dem von islamistischen Fundamentalisten mit Mord bedrohten britischen Schriftsteller Salman Rushdie zu einer öffentlichen Veranstaltung über die Verteidigung der Meinungsfreiheit nach Stockholm eingeladen.

Engdahls Nachfolge durch Englund sei bereits im Mai intern geregelt worden, hieß es in Stockholm. Der neue Akademiesprecher wurde 2002 in das Gremium gewählt. Nach mehr als 200 Jahre alten Regeln gilt die Mitgliedschaft jeweils auf Lebenszeit und ist nicht widerrufbar. Deshalb werden offiziell auch die Schriftsteller Knut Ahnlund (85) und Kerstin Ekman (75) weiter als Mitglieder geführt, obwohl sie beide die Mitarbeit verweigern.

Ekman hatte sich 1989 aus Protest gegen das Schweigen der Akademie zur Verfolgung von Rushdie zurückgezogen. Sie hatte jetzt auch den Streit um Saviano in Gang gebracht, als sie eine öffentliche Stellungnahme zu dessen Bedrohung Savianos verlangte und von Engdahl zunächst abgewiesen wurde. (mpr/dpa)

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