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Simpsons

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TV-Theorie: Bart gegen Barthes

Nur wer nicht richtig hinsieht, hält die Simpsons für harmlose Unterhaltung. Die Essaysammlung "Die Simpsons und die Philosophie" geht dem gedanklichen Überbau der US-Serie auf den Grund.

Es soll ja immer noch Leute geben, die die Simpsons für eine Kindersendung halten. In aller Regel sind das Menschen, die die Simpsons noch nie gesehen haben. Dann gibt es noch jene, die die Simpsons für harmlose Unterhaltung halten, für eine lustige Zeichentrickserie. Das wiederum sind Menschen, die nicht richtig hinsehen. Die Simpsons handeln schließlich vom Leben in den USA – und, um es in Anlehnung an Marx zu formulieren, „was soll lustig sein an einem Land, in dem fünf Prozent der Menschen 95 Prozent des Reichtums kontrollieren“?

Diese knallhart wirtschaftstheoretische Lesart ist nur einer von insgesamt elf Näherungsversuchen, mit denen die Autoren der Essaysammlung „Die Simpsons und die Philosophie“ dem gedanklichen Überbau der US-Serie auf den Grund gehen. Ein abwegiges Unterfangen? Gegenfrage: Wollten Sie nie wissen, warum das Familienoberhaupt der Simpsons nach einem griechischen Epiker benannt ist? Und warum der Name seines Sohnes so klingt wie der eines französischen Poststrukturalisten? Na bitte: Was also liegt näher, als Bart mit Barthes zu lesen – und Homer mit Homer?

Wortspielende Assoziationen dieser Art leiten bei vielen der versammelten Essays – allesamt verfasst von hochmögenden Philosophiedozenten amerikanischer Universitäten – das Erkenntnisinteresse: Meist steht weniger die Serie selbst im Vordergrund als vielmehr ein bestimmtes philosophisches Problem, das sich an den Simpsons-Charakteren musterhaft durchdeklinieren lässt. So erfährt der Leser beispielsweise, warum Bart die Tugenden des Bösen im Sinne Nietzsches verkörpert, warum Homer trotz seiner offenkundigen charakterlichen Defizite einer Überprüfung nach den Kriterien der aristotelischen Ethik standhält und warum Roland Barthes die Simpsons ein „subversives Spiel der Signifikanten“ nennen und sie als „unverantwortlichen Text“ feiern würde. Letzteres unter anderem deshalb, weil die Charaktere ihre Zuschauer so gerne auf falsche Fährten locken, auf Holzwege gewissermaßen (ja genau, Heidegger kommt auch vor). So wie Homer, der einmal apodiktisch feststellt: „Cartoons haben keine tiefere Bedeutung. Es sind nur doofe Zeichnungen, die auf billige Lacher aus sind.“ Alle Kreter lügen – sprach der Kreter.

William Irwin, Mark Conard, Aeon Skoble (Hg.): „Die Simpsons und die Philosophie“. Tropen Verlag, Berlin 2007. 256 Seiten, 19,80 €.

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