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Kultur: Pendler-Pauschale: Die Arbeit beginnt erst am Werkstor

Im Ausland sorgt die deutsche Debatte um die Entfernungspauschale gelegentlich für Verwunderung. Denn in vielen anderen westeuropäischen Ländern und in den USA ist die Kilometerpauschale als Steuerfreibetrag für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte völlig unbekannt.

Im Ausland sorgt die deutsche Debatte um die Entfernungspauschale gelegentlich für Verwunderung. Denn in vielen anderen westeuropäischen Ländern und in den USA ist die Kilometerpauschale als Steuerfreibetrag für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte völlig unbekannt. Die Wahl des Wohnortes gilt als eine private Entscheidung des Arbeitnehmers, die der persönlichen Lebensführung zugerechnet wird. Eine Ausnahme ist Österreich. Dort gibt es ähnliche Regelungen wie in Deutschland.

In den Vereinigten Staaten hingegen ist ein "Pendler-Bonus" völlig unbekannt. Dort gilt der Grundsatz: Die Arbeit beginnt am Werkstor. Wie ein Arbeitnehmer dort hingelangt, interessiert die amerikanischen Finanzämter nicht. Gegner der Pendler-Pauschale wie der renommierte Finanzwissenschaftler Rolf Peffekoven von der Universität Mainz fordern mit Bezug auf das amerikanische Steuerrecht schon seit langem, die Kilometerpauschale in Deutschland völlig abzuschaffen.

In England stehen Freiberufler besser da

Im britischen Steuerrecht gibt es für das "Kilometergeld" sehr differenzierte Regelungen. Britische Arbeitnehmer können keinerlei Kosten für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz steuerlich absetzen, ganz gleich, welches Verkehrsmittel sie dazu benutzen. Autos, die Unternehmen ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen, werden als "Einkommen" versteuert, wobei die Höhe sich nach dem Verhältnis der privaten zur dienstlichen Nutzung richtet. Steuerpflichtig sind auch das "privat" genutzte Benzin und die vom Arbeitgeber bezahlten Nebenkosten. Diese Regelung gilt ähnlich auch für Monats- oder Jahreskarten der öffentlichen Verkehrsmittel, wenn sie von Arbeitgebern bezahlt werden. Sie sind als zusätzliches Einkommen steuerpflichtig.

Steuerlich besonders knifflig sind die Kilometerpauschalen, die bei beruflich bedingten Fahrten vom Arbeitgeber bei der Nutzung eines Privatautos erstattet werden. Übersteigen sie einen gewissen Betrag, so sind sie ebenfalls als Zusatzeinkommen steuerpflichtig. Freiberufler stellen sich in der Regel besser als Angestellte. Sie haben die Wahl, ihre Transportkosten entweder nach dem tatsächlichen Aufwand steuerlich abzusetzen, oder eine Kilometerpauschale zu beanspruchen. Für einen Mittelklassewagen können etwa 60 Pfennig pro Kilometer berechnet werden.

Die britischen Automobilverbände klagen immer wieder, dass ihre Mitglieder steuerlich mehr gerupft werden, als in allen anderen europäischen Ländern. Diesen September kam es zu erbitterten Protesten gegen die Benzinsteuer, bei denen landesweit die Tankstellen austrockneten. Der britische Schatzkanzler Gordon Brown machte darauf jedoch nur geringe Konzessionen bei der Steuersenkung für besonders umweltverträgliche Kraftstoffe.

Die britische Regierung sieht die hohen Kosten für Autofahrer als Teil ihrer Umwelt- und Sozialpolitik. Zum einen soll der Schadstoffausstoß vermindert und die Autofahrer zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angeregt werden. Zum anderen fließt die Benzinsteuer auch in die Finanzierung der Renten und Förderungsmaßnahmen für Schulen und Krankenhäuser. Das erste Argument ist für die Briten jedoch schwer nachvollziehbar. Der teure und unzuverlässige öffentliche Verkehr bietet sich nicht gerade als Alternative zum Auto an. Nach den jüngsten Unfällen wird landesweit das Schienennetz repariert, was die Misere der Berufspendler durch lange Verspätungen noch erhöhte. Deshalb nahm der Straßenverkehr in vielen Ballungsgebieten des Königreiches bis zu 25 Prozent zu. Erst Ostern soll sich die Lage langsam wieder normalisieren.

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