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Das Syrian Expat Philharmonic Orchestra.

© Rolf Schöllkopf

Syrian Expat Philharmonic Orchestra: Übers Meer bis nach Mitte

Die sechzig geflüchteten Künstler des Syrian Expat Philharmonic Orchestra sind über ganz Europa verstreut. Demnächst gastieren sie in Berlin.

Beim Saisoneröffnungs-Open-Air-Spektakel der Berliner Philharmoniker am 27. August waren sie gewissermaßen die Vorgruppe – an diesem Sonntag hat das Syrian Expat Philharmonic Orchestra (SEPO) nun seinen eigenen großen Auftritt in Berlin. Im Konzerthaus am Gendarmenmarkt erklingen Werke zeitgenössischer syrischer Komponisten. Und auch ein Stück einer Komponistin, nämlich von Suad Bushnaq. Die Tochter eines bosnisch- palästinensischen Vaters und einer syrischen Mutter, die seit 2004 in Kanada lebt, verweist allerdings darauf, dass komponierende Frauen nicht nur in der arabischen, sondern auch in der westlichen Welt eine Randgruppe darstellen.

Viel wichtiger ist es Suad Bushnaq, dass sie mit ihrer Musik von jenem Syrien erzählt, dass sie auch im Exil in ihrem Herzen trägt. Von einem Land also, dessen kulturelle Wurzeln 7000 Jahre zurückreichen und das sie während ihres Studiums in Damaskus als ungemein inspirierend erlebt hat. „Alle Mitglieder des Orchesters kennen dieses Gefühl“, fügt sie hinzu. Darum stellte Suad Bushnaq, als sie 2015 von der Gründung des SEPO erfuhr, dem Ensemble sofort ihre neueste Komposition zur Verfügung. Der Finalsatz aus der Suite „The Storyteller of Damaskus“ wird auch am Sonntag in Berlin zu hören sein.

Sechzig Künstlerinnen und Künstler kommen für das Konzert aus all jenen Ecken Europas zusammen, in die das Schicksal sie zerstreut hat. Dass es gelungen ist, sogar Visa für Musiker zu bekommen, die derzeit in Rumänien leben, macht Angela Meyenburg besonders stolz. Mit ihrem kleinen Team und finanzieller Unterstützung der Allianz Kulturstiftung hat die Geschäftsführerin des Vereins „Kulturleben Berlin“" die Organisation des Konzerts übernommen.

In Europa wieder neuanfangen

Normalerweise kümmert sich ihre Organisation darum, an Menschen mit geringem Einkommen kostenlose Eintrittskarten für Veranstaltungen aller Art zu vermitteln. Doch die SEPO-Idee begeisterte Meyenburg so nachhaltig, dass sie wagemutig die Rolle der Veranstalterin übernahm. Für die Musiker hat sie Privatunterkünfte bei Berliner Familien besorgt, geprobt wird in der Evangelischen Kirchengemeinde Halensee. Dirigent Ghassan Alaboud kommt aus Kanada, neben einem Klarinetten- und zwei Violin-Solisten werden auch Virtuosen auf der Ney-Flöte und der Kurzhalslaute Ud sowie mehrere Perkussionisten auftreten, jeweils mit sinfonischer Begleitung. „Bei unserem Projekt geht es nicht um Syrien als Staat, sondern um seine Traditionen und seine heutige, lebendige Kultur“, sagt der in Aleppo geborene Kontrabassist Raed Jazbeh, der das SEPO im vergangenen Jahr in Bremen gegründet hat. „Viele unserer Mitglieder sind übers Meer nach Europa geflohen, haben ihre Instrumente zurücklassen müssen. Jetzt, da sie in Sicherheit sind, können sie neu anfangen, wieder Künstler sein.“

Dieser Aspekt ist auch Andreas Germershausen wichtig, dem Beauftragten des Senats für Integration und Migration: „Bei diesem Konzert wird konkret spürbar, welches Potenzial diejenigen, die zu uns gekommen sind, auch mitbringen.“ Sie seien schon eine ziemlich heterogene Truppe, räumt Raed Jazbeh ein: „Politisch mögen wir verschiedene Meinungen haben – musikalisch aber sind wir uns einig.“

Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Sonntag, 11.9., 18 Uhr.

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