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Kunterbuntes Spektakel. Die Vocal-Concertisten, die TänzerInnen von BodyDrums und das Concerto Brandenburg führen Purcells "The Fairy Queen" in der Schöneberger Zwölf-Apostel-Kirche auf.

© Jana Mai

Vocal-Concertisten mit Purcells „The Fairy Queen“: Komm, wir machen Party im Wald

Verblüffend und berührend: Die Vocal-Concertisten mit Henry Purcells Semi-Oper „The Fairy Queen“ in der Zwölf-Apostel-Kirche.

„An Opera“ – so nannten Henry Purcells Zeitgenossen die 1692 in London uraufgeführte Musiktheater-Produktion „The Fairy Queen“, in der sich Musikeinlagen und Tanz locker und assoziativ um eine stark bearbeitete Fassung von William Shakespeares „Sommernachtstraum“ gruppieren. Spätere Wissenschaftler gaben solchen Stücken den Gattungsbegriff „Semi-Opera“ mit auf den Weg – eine unglückliche Bezeichnung, denn gerade in ihrer formalen Offenheit sind Werke wie „The Fairy Queen“ heute durchaus Vorbilder für ein neues Musiktheater, das sich vom Dogma des Durchkomponierenmüssens befreit hat.

Und sie laden auch ihrerseits zum weiteren Bearbeiten ein. Angenommen haben diese Einladung nun der von Kristian Commichau geleitete Kammerchor der Vocal-Concertisten sowie der Regisseur und Autor Swen Lasse Awe. „Ein Fest“ nennt sich ihre Aufführung des Stücks von Purcell in der Schöneberger Zwölf-Apostel-Kirche – und zu einem Fest wird der Abend in der Tat. Klug und mutig hat sich Awe von der personenreichen kunterbunten Vorlage emanzipiert und sie auf einen Kern zurückgeführt: Nämlich einerseits auf den Konflikt eines jungen Paares, das sich im Hormon- und auch ein wenig im Drogenrausch findet und verliert, und andererseits auf die Festsituation, die für das Theater der Shakespeare- und Purcellzeit eine große Rolle spielte und nach einer Wiederbelebung verlangt.

Sehr präsent verkörpern Henrike Commichau und Fabian Kulp „Sie“ und „Er“, die sich auf den Weg zu einer Party im Wald machen, wobei sie beständig und sowohl mit formalem wie sprachlichem Witz zwischen Dialog und äußerst atmosphärischer Erzählung des pubertären Abenteuers wechseln. Geschickt nutzt Awe den für Musiktheaterproduktionen durchaus nicht idealen Kirchenraum und zeichnet die Fragilität seiner Teenager-Figuren auch dadurch nach, indem er die Schauspielerin eine Nummer wie einen Popsong mit gleichsam naturbelassenerer Stimme singen lässt.

Zum Atemanhalten schön

Insgesamt kommen der Musik und den Tanzeinlagen der Gruppe BodyDrums die Rolle der Stimmungsschilderung zu, zumal die nicht übertitelten altenglischen Texte für die meisten Zuhörer nicht unmittelbar verständlich sind. Ein Handicap ist das insbesondere im Falle der Musik nicht, denn deren Ausstrahlungskraft ist gewaltig: Bereits Doerthe Maria Sandmann mit ihrem facettenreich gestaltenden Sopran und Matthias Vieweg mit seinem noblen Bariton nehmen für sich ein.

Verblüffend, berührend und immer wieder zum Atemanhalten schön ist aber, was Kristian Commichau mit den von Concerto Brandenburg historisch informiert begleiteten Vocal-Concertisten gelingt: Obwohl sie ein Projektensemble sind, das nicht aus Berufsmusikern besteht, gehören sie Dank ihrer Intonationsreinheit und ihrer strahlenden Präsenz, aber vor allem auch wegen der gemeinsamen innigen Bewusstheit, mit der sie Texte und Musik nuancieren, mit zu den besten Chören, die man hierzulande hören kann.

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