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Brandenburg: KZ-Gedenkstätte erhält Besucherzentrum

Am Sonntag wird das Informationsgebäude im ehemaligen Lager Ravensbrück eröffnet

Fürstenberg/Havel - Kontrastreicher könnten die Ausblicke aus dem neuen Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück in Fürstenberg kaum sein. Auf der einen Seite liegt direkt hinter der breiten Glasfront der Schwedtsee mit seinem breiten Schilfgürtel, auf der anderen Seite schaut der Gast auf ein Haus der einst für ihre Brutalität berüchtigten Lager-Aufseherinnen. „Die Architektur des Informationsgebäudes nimmt die Spezifika dieses besonderen Ortes sehr angemessen auf“, sagte die Gedenkstättenleiterin Insa Eschebach gestern bei einer Vorbesichtigung des Besucherzentrums, das am Sonntag um 14 Uhr offiziell eröffnet wird. Dazu werden Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) und ein ehemaliger Häftling des Männerlagers sprechen.

Die Gäste erhalten mit dem rund zwei Millionen Euro teuren Gebäude erstmals die Gelegenheit zur Orientierung auf dem weitläufigen Lagergelände. Hier können sie ein Modell des KZ betrachten, Audio-Guides, Faltpläne, Bücher und Literatur erwerben, einen Film über die Geschichte des Lagers sehen und einen Kaffee zum Aufwärmen vor oder nach ihren Rundgängen trinken. Die großen Regale für die Literatur lassen sich bewegen, so dass zwischen den beiden seitlichen Glasfronten ein größerer Veranstaltungsraum entsteht. „Ich hoffe sehr, dass auch die Fürstenberger Einwohner das Gebäude annehmen und mit ihren Gästen hierherkommen“, sagte die Leiterin Eschebach. Sie könne sich auch gemeinsame Veranstaltungen mit der Stadt vorstellen.

Das Besucherzentrum ersetzt den 1961 entstandenen Kinosaal, der nicht mehr den Bedürfnissen der aus aller Welt nach Ravensbrück kommenden Gäste entsprach. „Das neue Haus schwebt wie eine Brücke über dem Boden und hebt sich schon damit von den authentischen Lager-Gebäuden ab“, erklärte die Bauleiterin Bärbel Kannenberg. Die aus undurchsichtigen Gussglasdielen bestehenden Längswände vermittelten in ihrer Homogenität zwar Ruhe. Aber die Reaktion auf die wechselnden Lichtverhältnisse würden sie dennoch nicht als leblos erscheinen lassen, sagte Kannenberg. Die Arbeit stammt vom Büro Wandel Hoefer Lorch Architekten + Stadtplaner aus Saarbrücken, die bereits die Entwürfe für die Synagogen in Dresden und München erstellt hatten.

Das neue Besucherzentrum stellt eine gewisse Zwischenlösung bis zur Eröffnung der neuen Dauerausstellung über das KZ Ravensbrück dar. Dafür wird derzeit die ehemalige Kommandantur umfassend restauriert. Im Jahre 2012 wird mit der Eröffnung gerechnet.

Zwischen 1939 und 1945 waren in Ravensbrück 132 000 Frauen und Kinder, 20 000 Männer und 1000 weibliche Jugendliche des „Jugendschutzlagers Uckermark“ als Häftlinge registriert worden. Die Deportierten stammten aus über 40 Nationen, unter ihnen waren Juden sowie Sinti und Roma. Zehntausende wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten und durch medizinische Experimente. Zwischen Februar und April 1945 ermordete die SS in einer eigens erbauten Gaskammer 5000 bis 6000 Häftlinge. Claus-Dieter Steyer

Die Gedenkstätte ist täglich außer montags von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt in das Gelände und die Ausstellungen ist frei. Auskünfte unter Telefon 033093/6080 und im Internet unter www.ravensbrueck.de

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