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Landratswahl: Brandenburg wählt Landräte erstmals direkt

Bisher wurde der oberste Chef der Kreisverwaltungen durch den Kreistag bestimmt. Nun müssen sich die Kandidaten der Parteien in den Kreisen Barnim, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Ostprignitz-Ruppin und Spree-Neiße den Wählern stellen.

Im tiefsten Winter wecken viele Brandenburger Städte und Dörfer in diesen Tagen die Erinnerung an den letzten Altweibersommer. Denn genau wie im September lächeln auch jetzt wieder Politiker von Laternenpfählen und großen Plakatwänden herunter. Sie werben um das Votum der Wähler am morgigen Sonntag, wobei es diesmal nicht um den Einzug in den Bundestag und in den Landtag geht. In fünf Landkreisen sind insgesamt rund 600 000 Bürger aufgerufen, den künftigen Landrat zu bestimmen.

Erstmals in der Geschichte Brandenburgs besteht diese Möglichkeit. Bisher wurde der oberste Chef der Kreisverwaltungen durch den Kreistag bestimmt. Nun müssen sich die Kandidaten der Parteien in den Kreisen Barnim, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Ostprignitz-Ruppin und Spree-Neiße den Wählern stellen. Die Parteien nehmen die Abstimmung durchaus ernst.

Anfang der Woche erlangte die Wahl landesweit Aufmerksamkeit, als im Landkreis Spree-Neiße die Stasi-Verstrickung des Kandidaten der Linkspartei Diethelm Pagel bekannt und lebhaft diskutiert wurde. Während der 57-Jährige die Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit als rein „dienstlich“ bezeichnete, verlangte der derzeitige Landrat Dieter Friese (SPD) einen Verzicht Pagels auf die Kandidatur. „Der Kreistag ist doch keine Würstchenbude“, sagte er. „Falls Pagels am Sonntag 20 oder gar 25 Prozent der Stimmen erhalten würde, wäre die überregionale Wirkung doch fatal. Als ‚Stasi-Nest Brandenburg’ will ich meinen Landkreis jedenfalls nicht sehen.“

Bei einer sehr geringen Wahlbeteiligung bliebe die neue Form der Demokratie allerdings folgenlos. Denn die neuen Landräte müssen mindestens 15 Prozent aller wahlberechtigten Bürger im Kreis auf sich vereinen. Wird dieses Quorum nicht erreicht, fällt das Wahlrecht an den Kreistag zurück. Von dieser Hürde hatte die SPD in der alten schwarz-roten Koalition ihre Zustimmung zur Direktwahl der Landräte abhängig gemacht. Schleswig-Holstein beispielsweise hat dieses Wahlsystem wegen zu geringer Teilnahme bereits wieder abgeschafft. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen hat man bislang ebenfalls keine guten Erfahrungen gemacht.

In Brandenburg aber stehen die Wähler auch außerhalb von Spree-Neiße durchaus vor spannenden Entscheidungen. So wird im Oberspreewald-Lausitz-Kreis ein Nachfolger für den wegen Kinderporno-Besitzes verurteilten und in diesem Sommer abgewählten CDU-Mann Georg Dürrschmidt gesucht. Für die CDU tritt der parteilose Bürgermeister von Schipkau, Sigurd Heinze an, der mit der Unterstützung von FDP und Freien Wählern rechnen kann. Die Linke schickt Wolf-Peter Hannig ins Rennen. Für die SPD kandidiert die Landtagsabgeordnete Martina Gregor-Ness.

Im Elbe-Elster-Kreis tritt der erfolgreiche, wohl aber inzwischen amtsmüde SPD-Landrat Klaus Richter nicht noch einmal an. In Ostprignitz-Ruppin überlässt SPD-Mann Christian Gilde nach 16 Jahren, in denen er sich maßgeblich gegen ein Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide eingesetzt hatte, nun seinen Nachfolgern das Feld. Hier setzt die CDU auf Vize-Landrat Egmont Hamelow, während sich für die SPD der Bürgermeister in Wusterhausen, Ralf Reinhardt, und für die Linke der Neuruppiner Kämmerer Willi Göbke bewirbt. In Barnim werden Landrat Bodo Ihrke (SPD) gute Chancen eingeräumt, seinen Posten zu verteidigen.

Derzeit stellen die Sozialdemokraten aufgrund der Mehrheiten in den Kreistagen zehn der insgesamt 14 Landräte. Nur in den Kreisen Oder-Spree und der Uckermark sind parteilose Landräte im Amt. Beide waren vor Jahren aus der SPD ausgetreten. Die CDU hat mit Hans Lange in der Prignitz nur einen Landrat. Im Kreis Oberspreewald-Lausitz ist der Platz nach der Abwahl von Dürrschmidt vakant. Claus-Dieter Steyer

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