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Landwirtschaft: Agrarflächen doch nicht zum Höchstpreis

Im Streit um die Privatisierung einst volkseigener Landwirtschaftsflächen in Ostdeutschland haben Vertreter von Bund und neuen Bundesländern eine erste Einigung erzielt.

Potsdam –  Künftig solle die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) die Agrarstruktur in den Regionen stärker berücksichtigen, hieß es bei der Potsdamer Landesregierung am Montag. Zudem seien sich beide Seiten einig, dass die Preise für die Agrarflächen bald mittels Gutachterverfahren ermittelt und dabei die jeweiligen Eigenheiten der Landwirtschaft Eingang finden. Konkrete Zahlen würden die Länder nun liefern. „Bis Jahresende soll es eine Regelung geben“, hieß es. Damit dürfte eine zentrale Forderung der Landwirte in Brandenburg erfüllt sein: „Es darf nicht nach Höchstgebot verkauft werden.“

Das zuständige Bundesfinanzministerium wollte sich nicht äußern. Es hatte die Ausschreibung von Agrarflächen und Seen nach Protesten bis Jahresende ausgesetzt und im August Gespräche auf Staatssekretärsebene angekündigt. Doch diese waren wegen der Wahlen im September ins Stocken geraten. Das letzte Treffen war Anfang Oktober.

Besonders betroffen von der Privatisierungspraxis der BVVG waren Landwirte in Brandenburg mit seinen einst großen volkseigenen Ländereien. Der Landesbauernverband warf dem Bund sogar eine „massive Benachteiligung“ ostdeutscher Bauern beim Kauf vor. „Der Staat entzieht uns den Boden“, sagte Michael Schultz, Geschäftsführer der Gut Arendsee GbR in der Uckermark. „Mit den Ausschreibungen der BVVG wurde der Verkehrswert nach oben getrieben.“

Wegen der Finanzkrise drängten zudem Fonds und Konzerne auf den Markt, sie suchen sichere Anlagen, die Äcker sind für nachwachsende Rohstoffe und Energiepflanzen gefragt. Bei größeren Flächen seien extrem hohe Summen geboten worden, sagt Jörg Eickmann, Agrarfunktionär in Oberhavel. Andere sprechen von einem Flächenbrand, der Bodenmarkt werde aufgemischt, weil die BVVG maximale Erlöse erzielen wolle und die Verkehrswerte mehrheitlich auf Basis früherer Höchstgebote ermittle. „Die Gefahr ist, dass dadurch eine Preisspirale in Gang gesetzt wird, die nicht der Realität entspricht“, sagte Bauernverbandssprecher Holger Brantsch. Mit schweren Folgen, wie Joachim Domeratzky vom Landesagrarministerium erklärte: „Viele Landwirte können nicht mitbieten. Und wenn doch, kann es sein, dass gesunde Unternehmen vom Markt gehen oder hohe Schulden aufnehmen.“

Ähnliches fürchtet Michael Schultz, dessen Gut Arendsee 720 Hektar bewirtschaftet, eine Biogasanlage und eine Schweinemast betreibt. 590 Hektar gehören der BVVG, und die will verkaufen: „Zum 31. Oktober 2011 wurde uns die Pacht gekündigt.“ Letztes Angebot waren 160 Hektar zur Pacht und 200 zum Kauf, der Rest sollte ausgeschrieben werden. Zum Mitbieten fehle das Geld. „Wir haben in den letzten Jahren investiert wie die Weltmeister, haben seit 1990 zehn Arbeitsplätze erhalten. Wir können nur pachten.“ Alexander Fröhlich

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