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Brandenburg: LEG: Ansätze einer Staatskrise

Finanzministerin Dagmar Ziegler will am Dienstag dem Kabinett endlich reinen Wein über die Lage der insolvenzreifen Landesentwicklungsgesellschaft LEG einschenken. Aber egal, ob die Verluste des Staatskonzerns aus heutiger Sicht 300, 400 oder 500 Millionen Mark betragen, ob aus Opportunitätsgründen eine Rettung versucht oder ein klarer Schnitt gemacht und Insolvenz angemeldet wird - die politische Dimension des Skandals übertrifft alles in diesem Land bisher Dagewesene.

Finanzministerin Dagmar Ziegler will am Dienstag dem Kabinett endlich reinen Wein über die Lage der insolvenzreifen Landesentwicklungsgesellschaft LEG einschenken. Aber egal, ob die Verluste des Staatskonzerns aus heutiger Sicht 300, 400 oder 500 Millionen Mark betragen, ob aus Opportunitätsgründen eine Rettung versucht oder ein klarer Schnitt gemacht und Insolvenz angemeldet wird - die politische Dimension des Skandals übertrifft alles in diesem Land bisher Dagewesene. Es geht längst nicht nur um Mißmanagement und fehlende Kontrolle, wie manche glauben machen möchten. Auch wenn man Begriffe wie Staatskrise vorsichtig verwenden muss: Der Absturz der LEG, der den Steuerzahler so oder so teuer zu stehen kommt, steht für das Scheitern des über Jahre von der regierenden SPD gepflegten staatssozialistischen Politikansatzes.

Regierungschef Manfred Stolpe selbst hat für Brandenburgs dritten Weg das Synonym "kleine DDR" geprägt. Damit wollte er ausdrücken, dass hier nicht der rauhe Kapitalismus herrscht, Vater Staat seine schützenden Arme über alles legt und notfalls regulierend eingreift. So haben Stolpes Regierungen enorme Summen in ineffiziente oder tot geborene Projekte gesteckt: In dem Untergang geweihte Betriebe, überflüssige Kadaveranlagen, frühere DDR-Sozialtempel, Wünsdorfer Kasernenruinen und den Lausitzring. Affären und Pleiten folgten auf dem Fuße. Trotzdem gab es keine Kursänderung, musste die LEG bis zuletzt die Rolle der Regierungsfeuerwehr spielen, auf Zuruf Stolpes oder eines Ministers "Brände" löschen. Kosten und Risiken interessierten nicht. Und die alte LEG-Geschäftsführung meinte in maßloser Selbstüberschätzung, die immensen Verluste durch Grundstücksspekulationen ausgleichen zu können - was das Desaster nur potenzierte.

Die spannendste Frage ist nun, wer die politische Verantwortung für den Skandal übernehmen und welche Konsequenzen die Koalitionsregierung ziehen wird. Manfred Stolpe, der längst klare Worte hätte sprechen müssen, schweigt. Anstatt die Aufklärung zur Chefsache zu machen, überlässt er sie der frisch ins Amt gekommenen unerfahrenen Finanzministerin. Auch Alt-Bauminister Hartmut Meyer, für die Fachaufsicht zuständig, hat bisher nicht zu erkennen gegeben, dass er Verantwortung übernehmen will. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Regierung nach bekanntem Stolpe-Muster ihr Versagen herunter spielen, den Skandal aussitzen will. Schon seit anderthalb Jahren korrigiert sie die Verlust-Zahlen der LEG wie die Pegelstände eines Hochwassers ständig nach oben.

Die Schlüsselrolle kommt deshalb der CDU zu. Parteichef und Innenminister Jörg Schönbohm hat im Wahlkampf 1999 versprochen, mit Filz, Beschönigungsmentalität und Staatsgläubigkeit in Brandenburg aufräumen zu wollen. Aber davon ist jetzt wenig zu spüren. Offenbar sorgt sich Schönbohm nach der rot-roten Liaison in Berlin, dass harte Forderungen die Koalition gefährden, die SPD in die Arme der buhlenden PDS treiben könnten. Auch ist es nicht in seinem Interesse, dass Stolpe unter Druck gerät: Der LEG-Skandal birgt so viel Sprengstoff, dass manche SPD-Genossen versuchen könnten, die vorzeitige Staffelübergabe an Matthias Platzeck zu inszenieren. Andererseits muss der Ex-General einkalkulieren, dass eine halbherzige Aufarbeitung des Skandals die eigene Partei in den Strudel ziehen könnte. Im Grunde haben beide, Schönbohm und Stolpe, keine andere Wahl, als mit schonungsloser Offenheit und Konsequenz den überfälligen Schritt aus der sozialistischen Traumwelt nach vorn zu gehen: Nur so wird Brandenburg in der Bundesrepublik ankommen, wie es sich diese Koalition einmal auf die Fahnen geschrieben hat.

Michael Mara

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