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Harald Martenstein.

© dpa

Martenstein: Berlin – Hauptstadt der Brände

Dass es in einer Millionenstadt hin und wieder brennt, ist unvermeidlich. In Berlin gibt es aber eine eigenartige Situation. Es fängt mit dem Grillen an und endet bei brennenden Autos und Kinderwagen. Berlin ist die deutsche Brandeshauptstadt, findet unser Kolumnist.

An den Feiertagen wird wieder viel gegrillt. Dass es, auch wenn man aufpasst, in einer Millionenstadt hin und wieder brennt, ist unvermeidlich. Nun gibt es in Berlin aber, was Brände betrifft, eine eigenartige Situation. Bekanntlich werden in Berlin häufig Autos angezündet, auch Motorroller, meistens aus politischen Motiven. Allein in der Nacht zu Montag brannten zwölf Autos.

Unabhängig von den brennenden Autos hat sich die Gewohnheit durchgesetzt, in Hausfluren Kinderwagen anzuzünden. Im März 2011 sind bei einem Feuer, das von einem brennenden Kinderwagen ausgelöst wurde, in der Sonnenallee drei Menschen gestorben, darunter ein Kind. Die Feuerwehr erklärte damals, dass es allein im zurückliegenden Jahr 45 ähnliche Fälle gegeben habe, in denen rechtzeitig gelöscht werden konnte. Es geht aber weiter. Im folgenden Mai brannten allein im Stadtteil Prenzlauer Berg wieder vier Kinderwagen.

Seit drei Jahren hat Berlin auch mit dem Phänomen zu kämpfen, dass Busse der BVG in voller Fahrt Feuer fangen, möglicherweise wegen Wartungsmängeln. Bisher gab es etwa ein Dutzend Fälle. Unabhängig davon brennen, seit Jahren, die S-Bahnen. 2004 gab es drei Verletzte bei einem Großbrand der Linie 2, kurz danach mussten 30 Passagiere aus der Haltestelle Anhalter Bahnhof befreit werden, die vor dem 1000 Grad heißen Feuer zum Teil in den Tunnel geflüchtet waren. Schon damals war von defekten, überhitzten Radlagern die Rede. 2009 brannte es auf den Linien 1 und 5. Vor einigen Wochen legten Brandstifter am Bahnhof Ostkreuz den Verkehr für mehrere Tage lahm.

Folgende Berliner Bauwerke von Belang sind in letzter Zeit abgebrannt oder durch Feuer schwer beschädigt worden: im März 2003 das Schloss Glienicke, im Mai 2008 die Philharmonie, im November 2010 die Neuköllner Sehitlik-Moschee, vermutlich ein politischer Anschlag, im Januar 2011 die Werft „Marina Lanke“, ebenfalls Brandstiftung, im Mai 2011 Haus Cumberland, eines der schönsten Gebäude am Ku’damm. Ein Feuer im frisch eröffneten Hotel Ritz-Carlton wurde 2004 früh entdeckt und richtete wenig Schaden an, die Gäste wurden evakuiert. Auch der Versuch, die vorbereitende Stadtschloss-Baustelle niederzubrennen, konnte vereitelt werden.

Ein beliebtes Ausflugsrestaurant, die Wannsee-Terrassen, brannte 2001 bis auf die Grundmauern nieder, am Kreuzberger Planufer verschwand 2008 auf die gleiche Weise ein Restaurantschiff, türkische Küche. Die Kreuzberger Bar des „Dschungelcamp“-Siegers Peer Kusmagk brannte im Oktober 2010. In der vergangenen Woche wurde zum ersten Mal versucht, eine ganze Hotelgarage niederzubrennen, und zwar in der Kreuzberger Prinzenstraße, vermutlich, um gegen Tourismus zu protestieren. Zusammenfassend kann man sagen: Berlin ist die deutsche Brandeshauptstadt.

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