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Die Vorwürfe gegen Sebastian Edathy wiegen schwer. Doch bewiesen ist nichts.

© dpa

Der Fall Sebastian Edathy: Die SPD hat ihre Unschuld verloren

Der erste Skandal im Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy ist nicht Edathy selbst, sondern die SPD.

Wenig ist bestätigt im Fall Sebastian Edathys, aber das, was man weiß, stimmt bedenklich. Nicht im Hinblick auf den SPD-Politiker, jedenfalls noch nicht. Sondern im Hinblick auf die SPD-Fraktion sowie ihre politischen Funktionsträger, die sich zu dem Fall geäußert haben.

Was man weiß: Edathy ist Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens. Es gab Hausdurchsuchungen und ungehörige Fotos der Presse dazu. Der Rest ist keine Frage von Fakten, sondern der Art, wie mit den Informationen umzugehen ist, die zu dem Geschehen sonst noch die Runde machen.

Da wäre der Kinderpornoverdacht. In die Welt gebracht hatte ihn Edathys Heimatblättchen „Die Harke“, die auch für die Verbreitung der Bilder verantwortlich ist. Eine Quelle, auf die sich Medien nur sehr vereinzelt beriefen, bevor die Fraktionsgeschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, sich die Angaben zu eigen machte („Ich bin zutiefst bestürzt.“).

Was der SPD vorzuwerfen ist

Danach stapelten sich die Meldungen. Der Generalsekretär der niedersächsischen SPD, Detlef Tanke, schloss sich an. Fraktionschef Thomas Oppermann, Volljurist wie Lambrecht und Ex-Richter, beglaubigte den Vorgang erneut („Die geäußerten Vorwürfe ... wiegen ungeheuer schwer.“). Den Rest besorgte Edathy selbst, indem er die Vorwürfe zurückwies, die seine eigenen Parteifreunde kolportierten. Ein paar Feinunterscheidungen und diffuse Hinweise („Nach mir vorliegenden Informationen wirft mir die Staatsanwaltschaft ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor.“) bekräftigten dann noch, was sie dementieren sollten.

Es ist zu akzeptieren, dass Medien veröffentlichen, was sie erfahren und zum Teil auch spekulieren. Es ist eine Tatsache, dass Ermittlungen gegen Prominente und Politiker kaum noch geheim zu halten sind. Man kann mehr Verantwortung fordern oder sich vermeintlich bessere Zeiten zurückwünschen. Aber dies dient mehr der Selbstberuhigung als einer Milderung des Problems.

Sebastian Edathy zieht zu Felde, die SPD verrät ihn

Die Unschuldsvermutung gehört nicht nur zum (Menschen-)Recht, sie ist Teil der Kultur. Ein Akt der Kommunikation oder der Nicht-Kommunikation. Die SPD-Fraktion hätte mit einem Hinweis darauf jede weitere Bewertung oder Bestätigung unterlassen können. Es wäre im besten Sinne staatstragend gewesen. Es hätte den Skandal entschleunigt, Respekt vor der Person des Beschuldigten bewiesen und Grundsätze bekräftigt, die uns etwas wert sein sollten. Aber nein, die Razzien waren offenbar nur das Startsignal, die politische Aussonderungsmaschinerie in Gang zu setzen. Es konnte nicht schnell genug gehen. Die Angst ist zu groß, der Fall Tauss nicht vergessen.

Sebastian Edathy zieht via Facebook gegen die Staatsanwaltschaft zu Felde, während seine Partei ihn längst verraten hat. Es mag sein, dass die Razzien unverhältnismäßig waren, dass sich am Ende seine Unschuld erweist. Auch könnten die Razzien legal gewesen sein und Edathy trotzdem unschuldig. Man möchte es für ihn hoffen. Bis zum Erweis des Gegenteils gilt für die Staatsanwaltschaft jedoch, was für Edathy gilt. Der NSU-Aufklärer müsste es wissen. Doch ist mit ihm derzeit nicht zu rechnen.

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