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Meinung: Der Kampf geht nicht mehr weiter

Brigitte Mohnhaupt, der harte Kern der RAF, kommt frei – das ist ihr Recht

Das wird für viele kein leichter Tag werden, dieser 27. März 2007, und damit sind nicht einmal die gemeint, die dann aus professionellen Gründen mit Kameras und Mikrofonen vor die Justizvollzugsanstalt im bayerischen Aichach geschickt werden, um dort erste Bilder und O-Töne zu erhaschen von einer Frau, deren Gesichtszüge nur von Fahndungsfotos bekannt sind. Seien wir ehrlich: Die Gesellschaft tut sich schwer zu akzeptieren, dass die ehemalige RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt nach 24 Jahren Haft freikommen wird, auf Bewährung vorerst, obwohl sie doch zu fünf Mal lebenslang plus 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Dürfte Volkes Stimme über ihr Schicksal befinden – Mohnhaupt bliebe drin.

Es ist, bei Lichte besehen, also nicht viel Versöhnungsbereitschaft zu erkennen, was womöglich zu viel verlangt ist von einer Gesellschaft, die in ihren Grundfesten erschüttert worden ist, damals, im „Deutschen Herbst“, und die nun durch ein düsteres Gedenkjahr muss, drei Jahrzehnte danach. Und sie, Mohnhaupt, heute 57 und in Addition ihrer Freiheitsstrafen ihr halbes Leben lang hinter Gittern, hat es ihrerseits auf Versöhnung auch nie angelegt. Rädelsführerin, Hardlinerin, die sie war, hat sie seit je geschwiegen, hat Reue nicht gezeigt. Brigitte Mohnhaupt, kein schönes Wort, in keinerlei Hinsicht, ist: ungebrochen. Sie war, beschreibt es der RAF-Experte Wolfgang Kraushaar, „der harte Kern des harten Kerns“. Nun kehrt sie in die Freiheit zurück. Bitte sehr, das ist ihr Recht!

Wer damit nicht klarkommt, hat womöglich die Kriterien nicht parat, an die sich die Justiz zu halten hat. Sie sind rechtsstaatlich abgefasst, folgen einem nüchternen Formalismus, sie haben damit zu tun, dass die Mindestverbüßungszeit am 26. März 2007 abläuft, was nach besagten 24 Jahren keine Ewigkeit ist, wohl aber eine halbe. Die besondere Schwere der Schuld, die Mohnhaupt in ihrem irrwitzigen Kampf gegen das „Schweinesystem“ auf sich geladen hat, ist in der Länge der Haftstrafe berücksichtigt. Vielleicht trifft die lakonische Formulierung im Fall von Brigitte Mohnhaupt die Dinge am ehesten: Die Ex-Terroristin hat ihre Strafe, ja, „abgesessen“.

Der Rest hat nichts mehr mit der Vergangenheit zu tun, nur mit Gegenwart und Zukunft: Mohnhaupt, haben Gutachter festgestellt, gilt nicht mehr als rückfallgefährdet.

Ein verpfuschtes Leben beginnt nun womöglich wirklich neu, es wird so oder so ein schwieriges Eintauchen in eine neue Welt: Helmut Kohl ist gerade sechs Wochen Bundeskanzler, als die RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt am 11. November 1982 nach jahrelanger Flucht im hessischen Heusenstamm gefasst wird. Eine andere Zeit ist das, eine andere Republik auch. Mohnhaupt hat die demokratische Verfasstheit dieser Republik damals nicht wertschätzen können, wahrscheinlich fehlt es ihr auch heute am nötigen Sensorium, dies für das größer gewordene Deutschland zu erkennen. Immerhin, sie hat eingesehen: Der Kampf geht nicht mehr weiter. Wie viel weiter wäre sie, sie sagte: Der Kampf war sinnlos.

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