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Forderung nach Nachtflugverbot: Verzögerte Abfertigung am BER

Der Versuch der brandenburgischen Landesregierung, eine rigorosere Nachtflugregelung durchzusetzen, mag von Bund und dem Land Berlin als Affront aufgefasst werden, denn der Förderung beugen können sie sich nicht. Dennoch müssen sie wohl einen Kompromiss anstreben.

Kurz bevor erfolglose Bundesligatrainer gefeuert werden, spricht ihnen der Vereinsvorstand in der Regel sein Vertrauen aus. Insoweit weiß man nicht, ob man Hartmut Mehdorn gratulieren oder ihn bedauern soll, dass ihm Klaus Wowereit gerade jenes volle Vertrauen aussprach, das in Wahrheit vielleicht eine leere Worthülse ist.

Da Hartmut Mehdorn im Austeilen wie im Einstecken gleichermaßen erprobt ist, spielt das auch eigentlich keine Rolle. Tatsächlich geht es nur noch darum, dass durch das BER-Debakel der Stadt und ihrer Entwicklung eine Chance nach der anderen entweder endgültig oder zumindest auf lange Zeit zerstört worden ist. Nach der jüngsten Brandenburger Initiative zur Durchsetzung eines rigorosen Nachtflugverbotes muss man doppelt bedauern, dass der Flughafen nicht, wie ursprüngliche geplant, am 30. Oktober 2011 zu den damals gültigen Bedingungen ans Netz ging, also mit einem Flugverbot zwischen null Uhr und fünf Uhr, und eingeschränkter Nutzung ab 23 Uhr und zwischen fünf und sechs Uhr.

Woidke hatte keine andere Wahl

Der Versuch der brandenburgischen Landesregierung, nun über eine Gesellschafterversammlung eine rigorosere Regelung durchzusetzen, mag von den beiden Miteigentümern, dem Bund und dem Land Berlin, als Affront aufgefasst werden. Tatsächlich aber hatte Dietmar Woidke keine andere Möglichkeit, wollte er nicht für seine SPD die Landtagswahl vom kommenden September von vorneherein verloren geben. Ein erfolgreiches Volksbegehren hatte die Nachtruheregelung von 22 bis sechs Uhr verlangt, der Landtag war dem vor genau einem Jahr beigetreten. Hätte er das nicht getan, wäre es zu einem Volksentscheid über die Nachtruhe gekommen. Der, so befürchtete damals die Regierung Platzeck, hätte leicht zum Tribunal über den teuren Pannenflughafen werden können.

Wenn Woidke also jetzt die Mitgesellschafter zwingt, Farbe zu bekennen, verschafft er sich und seiner Regierung wieder Handlungsspielraum und Glaubwürdigkeit. Allerdings werden Berlin und der Bund sich der Forderung nicht beugen können. Der Flughafen der Hauptstadt einer der größten Industrienationen der Welt mit einer Nachtruhe zwischen 22 und sechs Uhr, das kann einfach nicht funktionieren. Alle Wirtschaftlichkeitsberechnungen basieren auf einer längeren Nutzungsdauer. Die Air Berlin zum Beispiel könnte die Stadt, nach der sie sich nennt, als Heimatflughafen streichen und würde vermutlich nach Düsseldorf umsiedeln. Die Hoffnung, Berlin im internationalen Verkehr jemals ohne Umsteigen erreichen zu können, würde bei diesen Betriebszeiten schwinden.

Bund und Berlin können Brandenburger Mitgesellschafter nicht gegen die Wand laufen lassen

Man kann dennoch sicher annehmen, dass weder die Bundes- noch die Berliner Landesregierung die Brandenburger Mitgesellschafter einfach gegen die Wand laufen lassen werden. An allen drei Regierungen ist die SPD beteiligt, in Berlin und Potsdam als stärkste Kraft. Klaus Wowereit muss zudem ins Kalkül einbeziehen, dass es im Süden von Berlin starke Sympathien für eine längere Nachtruhe auf dem BER gibt. In einem Kompromiss könnte so eine Ruhepause zwischen 23 Uhr und 5.30 Uhr festgeschrieben werden. Dietmar Woidke dürfte das dann den Brandenburger Wählern als das maximal Erreichbare verkaufen können.

Dass hinter der Woidke-Initiative eine Exit-Strategie steckt, der Versuch, aus dem Konsortium auszusteigen, ist unwahrscheinlich. Der Flughafen ist ja da, und der Bund und Berlin würden von Brandenburg Regress verlangen. Auch darauf kann man vertrauen.

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