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Für Russlands Präsidenten Wladimir Putin war 2013 ein Glücksjahr.

© Reuters

Glücksjahr 2013: Putins Russland ist wieder auf der Bühne

Die Kontrolle der syrischen Chemiewaffen, iranische Atomverhandlungen, olympische Winterspiele und die Weihnachtsamnestie: Russland machte 2013 ständig von sich reden. Auch Negativschlagzeigen sind dabei kein Zeichen einer Schwäche Putins.

Russland steht mit einem Bein in Europa und mit einem in Asien. Daher ist der chinesische Kalender im Land hoch im Kurs. Und dort firmierte 2013 als Jahr der Schlange. Für Russlands Präsidenten Wladimir Putin war es trotz der im Abendland gefürchteten Dreizehn ein Glücksjahr. Ausgerechnet John Kerry, der Außenamtschef der USA, Moskaus Erzrivale, lieferte ihm mit seiner in der Sache richtigen, taktisch und diplomatisch aber eher ungeschickten Forderung nach internationaler Kontrolle über die syrischen Chemiewaffen die Steilvorlage für einen außenpolitischen Coup, der an Glanzleistungen sowjetischer Außenpolitik erinnerte und Putin noch dazu die Nominierung für den Friedensnobelpreis eintrug.

Nicht zuletzt durch Moskaus Verhandlungsgeschick bewegt sich auch die iranische Kuh langsam vom Eis in Richtung sicheren Grund in Gestalt einer tragfähigen Lösung für Teherans umstrittenes Kernforschungsprogramm. Russlands Militär kehrt nach zwanzig Jahren in die Arktis zurück, um Moskaus Ansprüchen auf die im Eismeer lagernden Öl- und Gasvorkommen Nachdruck zu verleihen und den nördlichen Seeweg zu kontrollieren, der durch das Abtauen der Polkappen für die internationale Schifffahrt zunehmend attraktiver wird. Und im kommenden Februar richtet Russland in Sotschi die Olympischen Winterspiele aus, um deren Vergabe Putin selbst wie ein Löwe gekämpft hat. Boykottaufrufe wegen antidemokratischer Gesetze, die die Opposition und Minderheiten – darunter sexuelle – diskriminieren, richteten trotz aggressiver Lobbyarbeit der Betroffenen bisher relativ geringen Flurschaden an.

Es ist daher auch gewagt, die jüngsten innenpolitischen Entwicklungen vor allem mit Putins Sorge um ein positives internationales Russlandbild im Vorfeld der Spiele zu erklären. Der Kremlchef wollte sich weder mit der Begnadigung des kremlkritischen Oligarchen Michail Chodorkowski noch mit der Amnestie zum zwanzigsten Jahrestag der Verfassung, durch die auch die Mitglieder der feministischen Punk-Gruppe „Pussy Riot“ freikamen, als Öffentlichkeitsarbeiter in eigener Sache mit Ruhm bedecken. Auch die Freilassung der Greenpeace-Aktivisten, die versucht hatten, eine russische Bohrinsel im Eismeer zu stürmen, taugt kaum als PR-Gag. Selbst das politische Tauwetter, das viele bereits heraufziehen sehen, ist kein Zeichen einer Schwäche Putins. Eher trifft das Gegenteil zu.

Die russische Geschichte hat dafür genug Beispiele. Brutalen Tyrannen wie Stalin folgten solche mit gemäßigt liberaler Weltsicht wie Chruschtschow. Die Sowjetunion hatte den Zweiten Weltkrieg nicht nur überlebt. Nein, sie leistete zum Sieg der Anti-Hitler-Koalition den entscheidenden Beitrag, sie verhandelte nach dem ersten erfolgreichen Kernwaffentest mit der Supermacht USA auf gleicher Augenhöhe und musste auch die wenigen innenpolitischen Gegner, die Stalins Massenexekution und die Haft in arktischen Gulags überlebt hatten, nicht mehr fürchten.

Auch für Putin, der Russland aus Sicht deutlicher Mehrheiten vor Zerfall, Bankrott und Abstieg zur Mittelmacht bewahrte, stellen politische Gegner keine Gefahr mehr da, weder der Zahl noch der Qualität nach. Unfähig, selbst mehrheitsfähige Ideen zu generieren und ohne charismatische Führer, setzte die liberale Opposition alle Hoffnung auf Chodorkowski. Die hat sich, weil Putins Begnadigung aus der Lichtgestalt einen normalen Menschen machte, erst einmal erledigt.

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