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Wer gibt hier die Richtung vor? Die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (rechts). Sigmar Gabriel (SPD, links) und Horst Seehofer (CSU, Mitte)

© dpa

Große Koalition: Schwarz-Rot macht den politischen Ton rauer

Die große Koalition ist noch nicht im Amt. Doch bereits jetzt zeigt sich: Ihre erdrückende Mehrheit verhindert wirkliche Debatten. Es wird niedergedröhnt statt argumentiert.

Eine neue Regierung ist noch nicht im Amt. Doch eines wird immer deutlicher: Wenn die große Koalition zustande kommt, wird der Ton, in dem politisch gedacht, geredet und gehandelt wird, ein grundlegend anderer sein. Er wird in Abstufungen robust, rau, oder rüde. Solange es der großen Koalition gelingt, ihre erdrückende Mehrheit gemeinsam zu zelebrieren, herrschen bayerische Verhältnisse im ganzen Land.

Einwände werden nicht entkräftet, sie werden niedergedröhnt. Minderheiten werden nicht respektiert, sie werden an den Rand gedrängt. Unbotmäßigkeit wird abgestraft. Wenn Sigmar Gabriel sich mit einer Moderatorin anlegt, springt ihm ausgerechnet Horst Seehofer bei und bemüht den ZDF-Intendanten in der Sache. Schließlich kann es nicht sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich Kritik anmaßt, wenn der SPD-Chef dem Wahlvolk doch nur erzählen will, wie schön es auf den Mitgliederversammlungen ist. Wenn die Linke eine unliebsame Kandidatin für den Vorsitz des Haushaltsausschusses präsentiert, werden aus Union und SPD drohend die Fäuste geschüttelt. Wenn die Großkoalitionäre vorübergehend per Hauptausschuss regieren wollen, passiert das eben. Basta.

Nicht nur das. Auch die politische Logik wird mit Zweidrittelmehrheit außer Kraft gesetzt. Horst Seehofer kann sich gar nicht genug Unfug ausdenken, als dass er nicht trotzdem ins Regierungsprogramm aufgenommen und anschließend energisch gegen Einwände verteidigt würde. Auch wenn man Verständnis für die Mautgelüste einer Transitverkehr-genervten bayerischen Bevölkerung hat: Eine Gruppe deutscher Autofahrer würde entgegen aller Versprechungen stärker belastet, wenn die Sache europarechtlich unbedenklich gestaltet werden soll. Dennoch wird die Angelegenheit nun gemeinsam vorgetragen, als würde sich hier das politische Schicksal der Republik entscheiden.

Die gescheiterte Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke dachte, den politischen Ton im Land ändern zu können. Das war sträflich naiv, und es wurde dem Reden und Handeln der vielen kleinen Koalitionen im Land vielleicht auch nicht ganz gerecht. In wenigen Monaten wird sich das Land jedenfalls wehmütig an den alten Ton erinnern – als um Mehrheiten noch gekämpft werden musste.

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