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Papst Benedikt XVI. gibt das Pontifikat am 28. Februar auf.

© dpa

Papstrücktritt: Benedikt XVI. geht in die Geschichte ein

Der Nächste, bitte: Papst Benedikt XVI. gibt sein Amt auf - ein Rücktritt wie ein Politiker, könnte man meinen. Doch obwohl seine Amtszeit von Missverständnissen überschattet war, lässt ihn sein Werk herausragen in der katholischen Kirche.

Ist das nicht ein unrühmlicher Abgang, unwürdig des Mannes, der zur großen Freude einer zuletzt vom Glück begünstigten Nation im Herzen Europas auserwählt worden war, Nachfolger auf dem Stuhl Petri zu werden? Und nun, nach nicht einmal acht Jahren in diesem Amt als Papst, geht er einfach, tritt er zurück, wie so viele andere in zurückliegender Zeit. 20 Uhr am 28. Februar, Schluss, aus, fertig. Der Nächste, bitte.

Ein Rücktritt wie ein Politiker, könnte man meinen. Auch wenn es der scheidende Papst nicht wahrhaben wollte, weil er sich doch als Vertreter des Geistes sah und als Kirchendenker eher denn als Kirchenlenker. Ein Thomas von Aquin wäre er schon gern geworden, und vielleicht steigt er noch auf im Rang der großen Köpfe der Gläubigen, wenn sein Werk erst kanonisiert ist. Seine Bücher waren, sind Bestseller, weil er eben in der Funktion keiner von den ganz Gewöhnlichen ist; keiner, der noch schnell seine Memoiren verfassen muss, um der Nachwelt etwas zu gelten. Das hat den Papst in seinem Glauben bestärkt, der Welt doch weiter abgewandt sein zu können und dennoch tiefer zu wirken als ein Politiker.

Wenn da nur die weltlichen, gesellschaftlichen, politischen Anforderungen nicht wären. Sein Reden über den Islam, sein Handeln aus der Erkenntnis in die große Fehlbarkeit seiner Kirche und aus Scham, seine Besuche in Regionen, in denen es sowohl sozialen als auch politischen und tatsächlichen Sprengstoff gibt – alles das war ja für sich geradezu logischer Teil seines Pontifikats, aber ihm war es schier abgerungen. Unter Qualen, wie sich zeigte, als er Kritik an seinen Worten aushalten musste, seinen mitunter elfenbeinturmhaften, seltsam entrückten.

Immer wieder Missverständnisse, Missdeutungen, Misshelligkeiten, die das Bild von ihm verschatteten. So gelang es dem Mann, der sich doch einen höchst politischen Namen als Papst gab – Benedikt als Friedensstifter und Europa-Förderer – dann nie, das Wesen der Politik zu fassen. Weltlicher Politik. Er geriet bei der Ablehnung der Homosexuellen-Ehe sogar in die Niederungen der italienischen Innenpolitik.

Kirchenpolitik allerdings verstand dieser Papst sehr wohl, und nicht zuletzt, sie zu betreiben. Schon auch, weil er 28 Jahre ihr prägender Kardinal war. Lenkende Hand der Kirche bereits zu der Zeit, hart und durchsetzungsstark an den über Jahrtausende exerzierten Regeln festhaltend; konservativ und traditionell und leider abgewandt von dem, was ihn als jungen Konzilstheologen vielleicht einmal beseelt haben mag. Seine Freundlichkeit im Umgang – er traf sich sogar mit Hans Küng, was ein Zeichen hätte sein können – konnte doch nicht über seinen unverrückbaren Standpunkt hinwegtäuschen. Die Berufungen von Kardinälen und Bischöfen in seiner Zeit als Papst zeigen es, zeigen ihn: mit dem Rücken zur gesellschaftlichen Wirklichkeit.

Was bleiben wird von ihm? Joseph Aloysius Ratzinger war der erste deutsche Papst seit 500 Jahren, und er ist der erste Papst seit Coelestin V. im 13. Jahrhundert, der das Amt aus freien Stücken aufgibt. Das ist Kirchengeschichte. Auch seine erste Enzyklika aus dem Jahre 2005, Gott ist Liebe, wird noch Gegenstand von viel Deutung zu seinem Verständnis sein, mitsamt den anderen Schriften, die er im Amt verfasst hat. Dieses Werk lässt ihn herausragen in seiner katholischen Kirche. Dass er unrühmlich gegangen sei, wird dort keiner sagen, und auch außerhalb nicht. Denn sein Geist hat ihm gesagt, dass sein Pontifikat zu Ende ist. Der Rest wird – Geschichte.

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