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Julian Assange.

© dpa

Porträt: Wikileaks-Gründer Julian Assange

Sein Enthüllungsportal Wikileaks ist nicht zum ersten Mal der Grund für helle Aufregung bei amerikanischen Sicherheitsbehörden: Ist Julian Assange ein Freiheitskämpfer des digitalen Zeitalters oder ein Verräter?

Seine Eltern sollen sich bei Protesten gegen den Vietnamkrieg kennengelernt haben. Nun versucht der Sohn, die Parallelen zwischen Vietnam und Afghanistan deutlich zu machen. Auf seiner Internetplattform Wikileaks hat Julian Assange rund 92 000 Geheimakten von US-Truppen aus Afghanistan veröffentlicht. Die Dokumente enthalten detaillierte Listen der Opfer und zeigen den Krieg weitestgehend ungeschminkt.

Für Assange, der mit seinen weißen Haaren und den kühlen, grauen Augen älter als 39 Jahre wirkt, ist die Veröffentlichung ein großer Erfolg. Er will mit ihr eine weltweite Debatte über die Konflikte im Irak und in Afghanistan auslösen. Sein Enthüllungsportal Wikileaks dürfte nun weitere Bekanntheit erlangen und Spendengelder bekommen.

Ist Assange ein Freiheitskämpfer des digitalen Zeitalters oder ein Verräter? Für amerikanische Sicherheitsbehörden und Militärs steht das Urteil fest: Für sie sind das Portal Wikileaks und sein Gründer ein nationales Sicherheitsrisiko – nicht erst seit heute. Assange traut sich nicht mehr, in die USA einzureisen, seit Wikileaks das Bordvideo eines amerikanischen Kampfhubschraubers ins Netz gestellt hat. Es zeigt, wie die Besatzung des Helikopters irakische Zivilisten und zwei Reporter erschoss.

Assange, geboren in Queensland an der Ostküste Australiens, ist ein Kind der 70er Jahre. Seine Mutter glaubte an antiautoritäre Erziehung – Assange verglich einst Teile seiner Kindheit mit der von Tom Sawyer. Die Familie zog oft um, die Mutter hatte verschiedene Beziehungen. Der Junge beschäftigte sich früh mit dem Programmieren. Als er 16 Jahre war, begann er mit einem Commodore-64 in fremde Computer einzudringen. Mit 20 stand er wegen kriminellen Hackens vor Gericht. Aus dieser Zeit stammt wohl die Überzeugung, dass alle Informationen stets für Jedermann zugänglich sein sollten.

Als Hacker möchte sich Assange heute nicht mehr sehen. „Ich bin ein Informationsaktivist“, sagt er. Im Dezember 2006 hob er Wikileaks aus der Taufe. Dass der Name an Wikipedia erinnert, ist kein Zufall. Wie bei dem Mitmachlexikon kann jeder etwas veröffentlichen – speziell geheime Dokumente. Das englische Wort „leak“ bedeutet: undichte Stelle.

Wikileaks hat weder bezahlte Angestellte, Schreibtische noch ein Büro. Dies passt zum Gründer ohne festen Wohnsitz. Assange reist viel, lebt bei Unterstützern und taucht oft ab – ganz wie einst Tom Sawyer. Carsten Kloth

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