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Wladimir Putin gibt sich christlich, wenn es seinen Interessen dient.

© imago stock&people

Putins Waffenruhe zum orthodoxen Christfest: Eine Kampfpause nützt vor allem Russlands Militär

Auf die rührende weihnachtliche Friedensbereitschaft des Russen sollte man nicht allzu viel geben. Die angebotene Waffenruhe ist Teil von Putins psychologischer Kriegsführung.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Auf den ersten Blick klingt es nach verkehrter Welt: Wladimir Putin verkündet eine Waffenruhe während des orthodoxen Weihnachtsfests von Freitag Mittag bis Samstag 24 Uhr. Aber Wolodymyr Selenskyj lehnt sie ab.

Käme nicht gerade den Ukrainern eine Ruhepause inmitten der massiven Luftangriffe auf ihre Energie- und Wasserversorgung zugute? Und hat nicht die Hoffnung auf den Weihnachtsfrieden schon in vielen grausamen Kriegen die Kämpfenden für einige Stunden innehalten lassen? Die Geschichten von deutschen und englischen Soldaten, die in ihren Schützengäben im Ersten Weltkrieg gemeinsam Weihnachtslieder sangen, haben Generationen gerührt.

In der Realität des Ukrainekriegs dominieren jedoch ganz andere Überlegungen als das christliche Gebot, auch die Feinde zu lieben oder in ihnen zumindest Gottes Kinder zu sehen. Die ukrainischen Einheiten sind auf dem Vormarsch, die russischen schwer unter Druck. Eine Kampfpause würde militärisch vor allem Putin nutzen und seinen bedrängten Soldaten die Gelegenheit geben, sich neu zu gruppieren.

Baldiger Frieden ist eine Illusion

Das alles weiß man natürlich auch im Kreml. Die angebotene Waffenruhe ist Teil der psychologischen Kriegsführung. Putin setzt der – begründeten – Erzählung von den bösen russischen Angriffskriegern und den armen ukrainischen Opfern sein umgekehrtes Narrativ entgegen. Er zeigt den Willen, die Waffen ruhen zu lassen. Die Ukrainer nicht.

Die Frage ist, wie viele Herzen er damit erreicht – zum Beispiel auch in Deutschland, wo die Meinungen zum Krieg geteilt sind. Und viele Menschen sich immer wieder an die Hoffnung klammern, ein Verhandlungsfrieden sei rasch möglich, wenn nur mehr für die Diplomatie getan würde.

Das ist eine Illusion – wie Putins eigenen Worten zu entnehmen ist. Er sagt, Frieden könne es nur geben, wenn zuvor alle besetzten Regionen in der Ukraine als russisches Staatsgebiet anerkannt werden. Unannehmbar für die Ukraine. Und Grund genug, auf die rührende weihnachtliche Friedensbereitschaft des KGB-Mannes nicht allzu viel zu geben.

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