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Rafik Abdessalem: „Wir könnten Modell für die Region sein“

Er ist der neue Chefdiplomat des islamistischen Tunesien: Die Franzosen hat Rafik Abdessalem bereits düpiert, auch wenn er betont, dass sich die Außenpolitik seines Landes nicht verändern wird. Ein Porträt.

Jung, elegant und weltläufig – der neue tunesische Außenminister Rafik Abdessalem trägt sicher dazu bei, im Westen das Bild der moderaten Islamisten zu verändern. Denn der 43-jährige Chefdiplomat, der von der islam-orientierten Ennahda-Partei gestellt wird, welche bei den ersten freien Wahlen nach dem Sturz von Diktator Ben Ali eine Mehrheit erringen konnte, passt so gar nicht in geläufige Vorstellungen. Einen Abschluss in Philosophie von der marokkanischen Universität Rabat und einen Doktor in Politik und Internationalen Beziehungen der Westminister Universität in Großbritannien kann der neue Chefdiplomat vorweisen. „Ich bin zwar kein gelernter Diplomat, aber ich habe Erfahrung in internationalen Beziehungen“, sagt Abdessalem auf die Frage nach seinem Seiteneinstieg. Daran hat sich im postrevolutionären Tunesien niemand gestört. Vielmehr hat eine andere Eigenschaft Abdessalems zu hitzigen Debatten geführt: Er ist der Schwiegersohn des historischen Gründers und Führers der islamistischen Ennahda-Partei, Raschid Ghannouchi. Auch wenn Ghannouchi selbst kein Regierungsamt innehat – so war doch für viele Tunesier der Bruch mit dem alten System, das sich durch Nepotismus auszeichnete, bei dieser Ernennung nicht ganz deutlich. Familienbande dürften nicht zu Klientelwirtschaft führen, „aber sie dürfen auch nicht verhindern, eine Position im Staate einzunehmen“, entgegnet Abdessalem darauf.

20 Jahre war er im Exil, die letzten beiden Jahre hat er in Katar im Think Tank des Fernsehsenders „Al Dschasira“ gearbeitet, weshalb politische Gegner mutmaßen, er sei der verlängerte Arm des Emirs, der die Islamisten unterstützt.

Auch wenn Abdessalem die Kontakte in den Golf – „das schafft Möglichkeiten für unsere arbeitslose Jugend“ – und innerhalb Afrikas ausbauen will, so werde es doch keine völlige Neuausrichtung der tunesischen Außenpolitik geben, sagt er in Berlin. Die EU sei der wichtigste Handelspartner, und er hoffe auf eine privilegierte Partnerschaft. In hervorragendem Englisch zeigt er sich zufrieden mit dem deutschen Engagement. Auf die G-8 ist er weniger gut zu sprechen:  „Wir warten noch immer auf die versprochenen Hilfen.“ Die ehemalige Protektoratsmacht Frankreich, die bis zuletzt das Regime Ben Ali unterstützte, düpierte er, als er bei der Pressekonferenz mit seinem Amtskollegen Alain Juppé in Paris auf Arabisch sprach – und nicht wie früher üblich in der Sprache der Kolonisatoren.

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