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Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, hat eine heftige Debatte über eine Sonderabgabe für Autofahrer ausgelöst.

© dpa

Schlagloch-Soli: Torsten Albig - ein verkehrspolitischer Geisterfahrer

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig will von jedem Autofahrer 100 Euro zusätzlich kassieren, weil sonst angeblich der Infrastrukturinfarkt droht. Das ist lächerlich einfältig - und mit dieser Begründung eine Frechheit.

Im Straßenverkehr kommt es immer wieder zu politischen Fehlzündungen. Auch über Ostern hat es geknallt, und da es für’s Sommerloch zu früh ist und für einen Aprilscherz zu spät, muss man die Sache wohl ernst nehmen. Zum einen macht die CSU anlässlich einiger Bemerkungen des EU-Kommissars Günther Oettinger zur Sinnhaftigkeit einer europäischen Abgabenregelung deutlich, dass sie entschlossen ist, weiter mit Vollgas in die Sackgasse einer Ausländermaut zu rasen. Zum anderen fährt der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig mit seiner Forderung einer Straßensonderabgabe für Inländer dem eigenen Parteivorsitzenden in die Seite. Zwei Fälle von politischer Geisterfahrt.

Vorgeblich geht es hier wie dort um eine gerechtere Beteiligung der Nutzer an den Kosten, tatsächlich aber vor allem um das Pflastern eines politischen Privatwegs. Die um ihre Popularität besorgte CSU bedient sich dazu ausländerfeindlicher Ressentiments und schürt sie auch noch mit dem falschen Bild, alle Welt vergnüge sich auf Kosten der Deutschen. Der um Erkennbarkeit bemühte Ministerpräsident nutzt schamlos eine Lücke im Koalitionsvertrag aus, an deren Entstehen er selbst beteiligt war. Beides ist, um das Mindeste zu sagen, reichlich unredlich.

Torsten Albig will Bekanntheitspunkte sammeln

Mit welchen Tricks die CSU eine europarechtlich saubere Maut für ausländische Autofahrer zaubern will, behält sie noch für sich. Wie Albig bundesweit gültige Bekanntheitspunkte sammeln möchte, ist dagegen jetzt klar. Der Ministerpräsident war bei den Koalitionsverhandlungen Mitglied der Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, er kennt sich also bestens aus. Er musste wissen, dass für die im Koalitionsvertrag angekündigten Investitionen nicht genug Geld eingeplant ist. Doch dazu schwieg er.

Albig hat also, wie andere auch, in diesem Punkt ein haltloses Versprechen abgegeben, um irgendwann, bei passender Gelegenheit, Alarm schlagen und einen aufsehenerregenden Vorschlag platzieren zu können. Dass dieser abgelehnt wird, aus sehr verschiedenen Gründen, politischen wie rechtlichen, muss ihn nicht sorgen. Im kollektiven Gedächtnis soll hängen bleiben: Albig hat rechtzeitig gewarnt. Dass nicht einmal das stimmt, ist dann längst vergessen.

Haushaltslöcher werden gestopft, Schlaglöcher nicht

Aufs Höchste erregte Autofahrer haben gerade vorgerechnet, dass die Einnahmen aus der Mineralöl- sowie der Kraftfahrzeugsteuer – zusammen weit mehr als 40 Milliarden Euro – locker reichen würden, sämtliche Verkehrsschilder mit einer Goldkante zu verzieren; aber darum geht es nicht. Ein erheblicher Teil dieses Geldes wird eben nicht vollständig zum Stopfen von Schlaglöchern, sondern von Haushaltslöchern verbraucht. Eine politische Frage. Von jedem Autofahrer, egal, wie viel er fährt, 100 Euro zusätzlich zu kassieren, weil angeblich sonst der Infrastrukturinfarkt droht, ist als Maßnahme lächerlich einfältig und mit dieser Begründung eine Frechheit.

Gegenüber der Kleinstaaterei Seehofers und der Kleingeisterei Albigs wirkt Oettingers Vorschlag einer europäisch einheitlichen Maut dagegen geradezu erleuchtet. Da kann man mal sehen, wie so ein bisschen Brüsselerfahrung auf die Vernunft wirkt. Es ist ja auch nicht so schwer zu verstehen, dass es wenig sinnvoll ist, 28 Mitgliedsländer auf die gleiche Glühbirne zu verpflichten, aber jedes mit eigenen Straßenverkehrsabgaben vor sich hinmurksen zu lassen.

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