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Die Europäer und ihr Geld: Machtkampf um den Fiskalpakt.

© dpa

Fiskalpakt: SPD in der Zwickmühle

Die SPD könnte dazu beitragen, die europäische Schuldenkrise erneut zu eskalieren. Warum? Nur aus Machtkalkül heraus.

Was für eine Vorstellung: Die europäischen Staaten wollen endlich einen Schlussstrich unter die Schuldenkrise ziehen. Sie beschließen nach intensiver Debatte den Fiskalpakt. Sie wollen ablassen von der ewigen Schuldenmacherei und solide wirtschaften – ein historischer Einschnitt. Alle machen mit, Italien ebenso wie Portugal und selbst Griechenland. Nur einer nicht: Deutschland. Ausgerechnet.

Ein abenteuerliches Szenario? Nein, ein realistisches. Es gehört zum Machtkalkül der Sozialdemokraten. Die SPD-Parteiführung hat Angela Merkel eine Bedingung gestellt. Nur wenn die Transaktionssteuer auf europäischer Ebene kommt, will die SPD dem Fiskalpakt im Bundestag zustimmen. Die Gewissheit, dass der Pakt nur mit einer Zweidrittelmehrheit in Kraft treten kann, also nicht ohne die Zustimmung der SPD, macht die Genossen so selbstbewusst. Das ist eine Zäsur. Bislang hat die SPD die Euro-Rettungspolitik der Kanzlerin stets heftig kritisiert – um am Ende dennoch zuzustimmen, aus Staatsräson.

Mit ihrer conditio sine qua non haben sich nun Parteichef Sigmar Gabriel und die Seinen in eine beispiellose Zwickmühle gebracht. Sie müssen liefern. Für mögliche Zugeständnisse, mit denen die Regierung lockt – Ausgabenprogramme für Südeuropa, höhere Lasten für die Banken – dürfen sie sich die Forderung nach der Transaktionssteuer nicht abkaufen lassen. Auch ein schön formulierter, von Union und FDP mitgetragener Entschließungsantrag, der die Regierung auffordert, die Steuer doch bitte durchzusetzen, wäre kein Erfolg, nur eine Lachnummer.

Beißt aber Merkel bei den europäischen Partnern mit der Transaktionssteuer auf Granit und bleibt die SPD hart und verweigert dem Pakt die Zustimmung, könnte die mühsam eingedämmte Schuldenkrise wieder eskalieren. Es wäre womöglich sogar der Todesstoß für den Euro, weil sich die Politik damit endgültig als unfähig erweisen würde, die Konstruktionsfehler der Währungsunion zu beheben. Und maßgeblich verantwortlich dafür wäre gerade die SPD, also die Partei, für die das Projekt Europa seit Jahrzehnten zur politischen DNA gehört. Dass der Fiskalpakt für das Parlament auch Schmerzen bedeutet, weil er das wichtigste Recht, die Haushaltshoheit, beschneidet – diesen Einwand kann die SPD nun nicht mehr geltend machen. Sie hat sich entschieden, über Machtfragen zu diskutieren statt über Sachfragen.

Dass die Steuer, so wünschenswert sie ist, in Europa kaum durchzusetzen ist, hätte Gabriel von Beginn an klar sein müssen. Dass sich die SPD so bedenkenlos hinter ihn gestellt hat, zeigt, wie sehr ihr, drei Jahre nach dem Machtverlust im Bund, die Oppositionsrolle in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wie gut man damit fährt, auf Vabanque zu verzichten und sich nicht zu früh festzulegen, zeigt Angela Merkels Erfolg seit Jahren. Sieht so aus, als könnte die SPD noch immer von ihr lernen.

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