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Das nächste Politikerbuch: Nach Thilo Sarrazin und Peer Steinbrück hat nun Roland Koch seine Gedanken aufgeschreiben. Angela Merkel half beim Vorstellen.

© Reuters

Kontrapunkt: Warum wir das Konservative brauchen

In unserer Online-Kolumne "Kontrapunkt" schreibt Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff über einen Konservatismus, der zwingend zu unserer Gesellschaft gehört, aber nicht an eine Partei gebunden ist.

Man wird doch wohl noch mal sagen dürfen…, dass diese Gesellschaft das Konservative braucht. Jawohl, das Konservative. Nicht, weil gerade der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch ein Buch geschrieben hat; sondern weil zu einem verantwortlichen gesellschaftlichen Diskurs im Sinne des „Bundesphilosophen“ Jürgen Habermas (wie ihn Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder einmal nannte) die konservative Stimme zwingend dazugehört.

Damit ist nun nicht die schlichte Ablehnung des Fortschritts gemeint, das Zurückfallen ins Biedermeierliche. Vielmehr geht es um Maß und Mitte, um Reformen nach diesem Leitfaden: „In einer so schnell sich verändernden Welt kann nur bewahren, wer zu ändern bereit ist. Wer nicht verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“

So schrieb es einmal Rita Süssmuth auf, Ex-Familienministerin, Ex-Bundestagspräsidentin aus den Reihen der CDU, und so hatte sie es übernommen von Gustav Heinemann, Ex-Justizminister und später Bundespräsident, „Bürgerpräsident“, aus den Reihen der SPD. Was heißen soll: Konservativismus ist nicht an eine Partei gebunden. Nicht einmal an die CSU. Die hat jetzt eine Frauenquote von 40 Prozent beschlossen – als wären sie die besseren Grünen.

Kluge Selbstbeschränkung ist noch so ein Wort, das sich mit dem Konservativen gut verträgt, der die Grenzen des Wissens einkalkuliert, außerdem die der Gestaltung, und der darum schrittweise vorgeht. Der Konservative im wohlverstandenen Sinne sieht im Neuen so lange nicht das Bessere, bis es nicht nachgewiesen besser ist. Das schafft auch die Verlässlichkeit der Lebensumstände, die der Mensch braucht.

Die Menschenrechte, das Prinzip der Solidarität, der Generationenvertrag in allen Bereichen – das alles zu erhalten, ist: konservativ. Ist aber auch: progressiv. Erhard Eppler, der alte SPD-Quer-, Vor-, Nachdenker, ist danach nicht weniger konservativ als progressiv; er will Werte sichern, nicht bloß Strukturen härten. Vom früheren CSU-Chef Franz Josef Strauß (der sich fraglos oft irrte) stammt der schöne Hinweis, dass der Konservative an der Spitze des Fortschritts marschiert. Das ist insoweit passend, als er von dort aus Richtung und Tempo mitbestimmen kann. Und darauf kommt es in einer Gesellschaft wie der unseren, einer im ständigen Wandel nicht zuletzt an.

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