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Brandenburg: Mit Steuergeldern auf Hermann Görings Spuren

Arbeitsministerium finanzierte „irrtümlich“ Hinweisschilder für Carinhall Jetzt sollen die Wegweiser zur einstigen Residenz wieder entfernt werden

Eberswalde – Die Aufregung kann Joachim Bandauer nicht so recht nachvollziehen. „Jeder in der Schorfheide weiß doch, was sich hinter Carinhall verbirgt und außerdem heißt das schon seit Jahrzehnten so“, sagt der Förster a. D. Um genau zu sein, bekam das Gebiet 1933 diesen Namen von Hermann Göring. Der NS-Luftwaffenchef und Reichsmarschall errichtete zwischen Großdöllner See und Wuckersee in der Schorfheide seinen Landsitz und benannte ihn nach seiner ersten Ehefrau, der Schwedin Carin Freifrau von Kantzow, die 1931 starb. Auf Carinhall bewahrte Göring seine Kunstsammlung auf, die vorwiegend aus Beutekunst bestand. Dort empfing er ausländische Staatsgäste, mit denen er Jagdausflüge unternahm. Am 28. April 1945 sprengte eine NS-Luftwaffendivision auf Anweisung Görings das Anwesen, damit es nicht der Roten Armee in die Hände fiel.

Heute ist von dem Anwesen rund 50 Kilometer nördlich von Berlin nicht mehr viel zu sehen, aber der Name ist geblieben. Eine Straße ist nach dem Göring-Landhaus benannt und auch das gesamte circa 20 Hektar große Forstgebiet. In den vergangenen drei Jahren wurden zudem Carinhall-Wegweiser restauriert und neu aufgestellt – finanziert vom Land Brandenburg. „Es handelte sich um ein Projekt mit dem Namen ’Steine weisen den Weg’, das alte Gedenk- und Hinweisschilder in der Schorfheide wiederherstellen wollte“, sagt Jens Büttner, Pressesprecher des brandenburgischen Arbeitsministeriums. „In dem Antrag war aber keine Rede von Carinhall“, so Büttner weiter. Sozialministerin Dagmar Ziegler, die 2002 noch nicht im Amt war, bedauert diesen „Irrtum“.

Für Bandauer unverständlich. „Man kann Geschichte, auch wenn sie grausam war, nicht ändern, und der Ort heißt nun mal so“, sagt der ehemalige Förster. Er führte im Auftrag der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald das Projekt federführend durch. Um an Gelder vor allem für Arbeitskräfte zu kommen, bat er den Klosterfelder Verein „Kommunikation, Betreuung und Beratung“ um Hilfe. Der Verein habe schon öfter Waldprojekte unterstützt, auch weil so Menschen über Ein-Euro-Jobs kurzfristig wieder in Arbeit kommen könnten. Deshalb beantragte der Verein 2002 bei der Arbeitsagentur Eberswalde entsprechende Mittel, die auch bewilligt wurden. Das Arbeits- und Sozialministerium kofinanzierte das Projekt daraufhin mit 18 640 Euro. „Insgesamt 199 Schilder wurden entweder restauriert oder neu aufgestellt“, so Bandauer. Zu diesen Schildern, die auf Steinen angebracht sind, zählten zehn Hinweise auf Carinhall. Von diesen wurden laut Bandauer etwa vier restauriert und sechs neu angebracht. „Allerdings steht auf den Schildern nicht nur Carinhall, sondern es wird gleichzeitig auf andere Orte in der Umgebung hingewiesen“, so der ehemalige Förster. Dass nicht nur Schilder restauriert, sondern auch neue aufgestellt wurden, ist dem Ministerium neu. „In dem Antrag war nur von Wiederherstellung die Rede“, so Ministeriumssprecherin Claudia Sczces.

Bereits 1993 gab es ein ähnliches Projekt. Damals wurden aber keine Hinweisschilder restauriert, sondern neue Schilder aufgestellt, die die Forstgebiete markieren sollten. Darunter ist auch ein Stein mit der Aufschrift Carinhall, der etwa 150 Meter vom ehemaligen Göring-Landsitz entfernt steht und den Forstort markieren soll. Das Ministerium will jetzt die Carinhall-Beschriftungen wieder entfernen. „Wie das genau passiert, klären wir gerade noch“, so Sczces. Bandauer hält von dieser Idee nicht viel. „Man kann die Geschichte doch nicht einfach streichen, denn in den Köpfen bleibt der Name Carinhall präsent.“

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