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Mobilitätsticket: Kein Bus, kein Geld: Kaum Interesse an Sozialticket

Das Angebot für Bedürftige wird selten verkauft. Die Kritik: Der Preis soll sinken, die Karte in Berlin gültig sein. Auf dem Land will keiner das Ticket, weil eh kaum Busse fahren.

Von Matthias Matern

Potsdam - Nach Bekanntwerden erster Verkaufszahlen des sogenannten Mobilitätstickets wird Kritik laut am Konzept des Landes für die verbilligte Monatskarte. Das Ticket für Empfänger von Sozialleistungen sei in den Landkreisen zu teuer, das Tarifsystem zu wenig flexibel. Das monieren der Fahrgastverband Igeb und Vertreter der Volksinitiative „Für ein Sozialticket in Brandenburg“. Von der Landesregierung fordern beide Seiten nun dringend eine Überarbeitung der Preisgestaltung und der Gültigkeitsdauer der Fahrkarte.

Seit gut sieben Monaten ist das Mobilitätsticket erhältlich. 400 000 sozial schwächere Bürger, schätzt das Land, haben Anspruch auf die Monatskarte, die sich am bestehenden Tarifsystem orientiert und um bis zu 50 Prozent günstiger sein soll als der reguläre Fahrpreis. Insgesamt 17 756 solcher Tickets wurden nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) seit der Einführung der Karte im September bis zum Ende des vorigen Jahres verkauft. Sowohl im Landesinfrastrukturministerium als auch beim Verkehrsverbund ist man mit der Resonanz zufrieden: „Das Mobilitätsticket wird erfolgreich angenommen. Die Zahlen steigen von Monat zu Monat“, so VBB-Sprecherin Elke Krokowski.

Doch deutliche Unterschiede zeigen sich bei der Aufschlüsselung nach Verkaufsorten und Regionen. Demnach gingen etwa 70 Prozent der vergünstigten Monatskarten in den vier kreisfreien Städten des Landes über den Ladentisch. Während etwa in Frankfurt (Oder) 1826 Tickets verkauft wurden, waren es im umliegenden Landkreis Märkisch-Oderland lediglich 288. Im Kreis Spree-Neiße soll sogar nur ein einziges Ticket verkauft worden sein. In Potsdam waren es 7815. Weitere Zahlen will der Verkehrsverbund bislang nicht für eine Veröffentlichung zur Verfügung stellen.

Für Tschepe vom Fahrgastverband Igeb liegen die Gründe für den mageren Absatz in den Kreisen klar auf der Hand. „Wenn in einem Ort sowieso nur wenige Male am Tag ein Bus fährt, dann kauft sich keiner eine Monatskarte“, sagt Tschepe. „Viele setzen deshalb weiterhin lieber auf Fahrgemeinschaften mit dem Auto.“

Dass das Angebot in ländlichen Regionen deutlich schlechter angenommen werde als in den großen Städten, lasse sich aus den Zahlen nicht ablesen, sagt VBB-Sprecherin Krokowski. Der Verkaufsort sage nichts über den Wohnort des Karteninhabers aus. Allerdings seien auch bei anderen Tickets die Verkaufszahlen in den kreisfreien Städten größer. „Ein Grund könnte das vergleichsweise umfangreichere Angebot an öffentlichem Nahverkehr in den Städten sein.“ Im Infrastrukturministerium heißt es: „Wir haben bei der Einführung des Mobilitätstickets angekündigt, das Angebot im Frühjahr 2010 zu überprüfen.“

Einen Grund für die Kaufzurückhaltung in den Kreisen sieht die Igeb im Preis der Monatskarte. Für ein „oft dünnes Angebot“ in ländlichen Gegenden sei das Ticket zu teuer. Um vergünstigt in einem Landkreis Bus und Bahn nutzen zu können, müssten 38,70 Euro bezahlt werden, in Berlin koste das vergleichbare Ticket für das gesamte Stadtgebiet dagegen 33,50 Euro.

Der Kritik schließt sich auch Carsten Zinn, Vertreter der Gewerkschaft Verdi in der Volksinitiative „Für ein Sozialticket in Brandenburg“ an. Er fordert: Auch vergünstigte Einzel-, Tages- und Wochenfahrscheine müssten eingeführt werden. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, dass Berlin und Brandenburg zwar einem Verkehrsverbund angehören, Berlin aber nicht im Mobilitätsticket inbegriffen sei.

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