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Brandenburg: Nächtliches Feuer zerstört Bierpavillon am Orankesee

Zum zweiten Mal Brandstiftung: 1997 wurde das historische Wirtshaus angezündet, jetzt der Neubau

Von Sandra Dassler

André Fröhlich sieht aus, als ob er jeden Moment losheulen müsste. Der 35-Jährige sitzt auf einer Bank und starrt auf die Überreste seiner Gaststätte. Am Morgen hat ihn ein Kollege angerufen und gesagt, er solle den Fernseher einschalten. Und André Fröhlich musste zusehen, wie der Japanische Pavillon im Biergarten „Oranke am See“ in Flammen stand.

Der Orankesee ist ein idyllisches Fleckchen in Hohenschönhausen. Ein grünes Ruderboot schaukelt sanft auf den Wellen. Der Angler darin schlummert vor sich hin, das Sonnenhütchen tief ins Gesicht gezogen. Enten ziehen träge am Ufer entlang. Die Anlagen im Strandbad sind frisch gestrichen, doch angesichts der Temperaturen genießen warm angezogene Spaziergänger die wenigen Sonnenstrahlen lieber auf den Bänken im Park. „Das war Brandstiftung“, sagt Jürgen Sachse. „Irgendein Idiot hat das abgefackelt. Dabei war der Biergarten so schön geworden.“ Der 63-jährige Rentner hat sich hier in den vergangenen Jahren zwar nie ein Bier geleistet, aber vor der ausgebrannten Ruine kommen ihm viele Erinnerungen: „Früher stand hier das Wirtshaus mit Tanzsaal und allem Komfort. Das hat vor ein paar Jahren jemand angesteckt – vielleicht war’s sogar derselbe. 1992 hab’ ich hier jedenfalls den letzten Geburtstag meiner Mutter gefeiert.“

Fast jeder Anwohner, der gestern Vormittag zur Brandstätte kam, kann solche Geschichten erzählen. Das Wirtshaus war 1892 unter dem Namen „Terrassen am Orankesee“ eröffnet worden und ein beliebtes Ausflugsziel der Berliner. Nachdem 1929 das Strandbad öffnete, kamen manchmal bis zu 5000 Menschen täglich auf ein Bier und eine Boulette vorbei.

„Zu DDR-Zeiten gab es hier Kabarett, Film- und manchmal auch Theatervorführungen“ erzählt Günter Lange. „Aber ab 1993 stand das Haus leer, der Bezirk fand keinen Käufer.“ Im Herbst 1997 brannte das Wirtshaus dann bis auf die Grundmauern nieder. Günter Lange, der gleich um die Ecke wohnt, hat damals Fotos gemacht: „Da sah es genauso aus wie heute“.

Die verkohlten Dachbalken des Pavillons ragen gen Himmel. „Wir haben ihn doch erst im Mai des vergangenen Jahres eröffnet“, sagt André Fröhlich, der mit seiner Kollegin Anja Raneburger den Biergarten 2001 von der Gesellschaft für sozialen Wohnungsbau (Gesobau) gepachtet hat. Neben ihm treten drei junge Männer wütend ihre Kippen aus: „Wir haben den Pavillon mit aufgebaut“, sagt einer. „Wir arbeiten hier. Gestern um elf, als wir dichtmachten, war alles wie immer. Und heute ist nichts mehr da.“

Die Zäune um den Biergartens sind wegen der Sicherung des Brandherdes verschlossen, aber immer wieder muss André Fröhlich zu einem der Tore gehen. „Es tut uns sehr Leid“, sagen ihm viele. Der zehnjährige Dennis schaut mit großen Augen auf die Trümmer. Gestern Abend hat er hier noch mit Opa ein Eis gegessen. Eine Kindergartengruppe tobt über die Wiese heran. Erst in diesem Jahr haben die Pächter einen großen Buddelkasten gebaut. Der Sand ist frisch, noch fast unberührt – er wäre ideal zum Löschen gewesen, wenn jemand das Feuer rechtzeitig bemerkt hätte.

Der Polizeibericht vermerkt lapidar, dass der Brand gegen 3.30 Uhr gemeldet wurde. Die Spezialisten von der Kriminalpolizei waren sich schon gestern Morgen sicher: „Es war Brandstiftung – vorsätzlich oder fahrlässig. Das Feuer brach jedenfalls auf der Terrasse aus.“ Bei der Gesobau wissen sie noch nicht, ob sie das Gebäude wieder aufbauen werden. André Fröhlich will jedenfalls nicht aufgeben: „Der Biergarten ist intakt. Wir werden heute Abend ausschenken. Einen Wagen dafür finden wir schon.“

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