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Brandenburg: Neue Anklage: Totschlag

Im Fall der neun getöteten Babys sehen die Richter keine Mordmerkmale Für das Gericht war die Mutter mit der Geburt der Kinder überfordert

Frankfurt (Oder) - Die Mutter der neun in Brieskow-Finkenheerd entdeckten toten Babys wird nun doch nicht wegen Mordes angeklagt. Das Landgericht Frankfurt (Oder) änderte die Anklage der Staatsanwaltschaft in achtfachen Totschlag ab und eröffnete das Hauptverfahren, wie Justizsprecher Andreas Dielitz gestern sagte. Nach Ansicht des Gerichts ist eine Kindstötung aus dem Jahr 1988 bereits verjährt.

Das Gericht habe das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nach derzeitigen Ermittlungen als nicht hinreichend erwiesen angesehen, sagte Dielitz. „Das müsste das beherrschende Motiv gewesen sein.“ Dafür aber sehe das Gericht keine ausreichenden Hinweise. Es gehe davon aus, dass die Frau mit der Geburt ihrer Kinder schlichtweg überfordert war. Die Verfolgung der ersten Kindstötung stellte das Gericht wegen Verjährung ein. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hatte Sabine H. im September 1988 das erste Baby gleich nach der Geburt umgebracht. Dagegen sagte Dielitz, Totschlag verjähre nach zehn Jahren. Da die Frist mit der Wiedervereinigung 1990 neu begonnen habe, sei sie im Jahr 2000 abgelaufen.

Die Staatsanwaltschaft will nach eigenem Bekunden keine Beschwerde gegen die abgeänderte Anklage einlegen.

Allerdings sagte Staatsanwalt Kay Münch, erst nach Prozesseröffnung werde sich endgültig klären, ob Sabine H., die derzeit noch in Untersuchungshaft sitzt, nicht doch des Mordes angeklagt wird. „Die zentrale Frage ist, ob die Mutter ihre Kinder getötet hat, um eine andere Tat zu vertuschen, oder ob ihr Motiv war, dass sie mit einer größer werdenden Familie überfordert war.“ Eine endgültige rechtliche Bewertung könne es nur in der Verhandlung geben.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten Polizisten neun Babyleichen auf dem Grundstück der Familie der Beschuldigten Sabine H. in Brieskow-Finkenheerd gefunden. Die Frau wurde kurz darauf verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft. Zwischenzeitlich ergaben DNA-Analysen, dass sie eindeutig die Mutter der getöteten Babys war und ihr Exmann Oliver H. der Vater. Sabine H. hat zu den Todesumständen ihrer Kinder bisher nur vage Angaben gemacht.

Der Prozess soll am 27. April beginnen. Bisher hat die Kammer elf Verhandlungstage bis zum 30. Mai festgesetzt. Nach der nun verfügten Anklage wegen Totschlags würde ihr eine Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren drohen. Bei einer Verurteilung wegen Mordes müsste sie mit lebenslanger Haft rechnen.

Olaf S, ermeyer

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