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Brandenburg: Neue Wälder braucht das Land

Statt Kiefern werden Laubbäume gepflanzt, um Brandenburg vor dem Austrocknen zu schützen

Ferch. Der Wald könnte Brandenburg und Berlin vor der wohl schlimmsten Folge einer Klimaveränderung bewahren: dem Mangel an Grundwasser. Schon jetzt zieht sich das Wasser im Untergrund um jährlich ein bis drei Zentimeter im Durchschnitt zurück, in einigen Landesteilen ist der Rückgang noch dramatischer. In den vergangenen zwei Jahrzehnten verringerte sich außerdem die Abflussmenge der Brandenburger Flüsse um die Hälfte. Damit Brandenburg nicht irgendwann gänzlich auf dem Trockenen sitzt, müssen die immer weniger werdenden Niederschläge möglichst lange gespeichert werden. Dazu startet Brandenburg jetzt ein ehrgeiziges Programm zum Waldumbau: Bis 2045 soll der Anteil der Mischwälder von jetzt knapp 20 Prozent auf 41 Prozent erhöht werden.

Denn „ein gesunder Mischwald ist der beste Schwamm“, wie Landesforstchef Karl- Heinz von Bothmer am Mittwoch in Ferch sagte. Er lasse das Wasser weniger schnell verdunsten als ein Kiefernrevier – und fördere die Neubildung von Grundwasser. Während bei Nadelbäumen das schützende Blätterdach fehlt, tropft es von Eichen, Buchen oder Ulmen noch lange weiter, wenn sich der Schauer längst verzogen hat. „Das Wasser fällt so über längere Zeit auf den Boden und kann in die Tiefe vordringen“, erklärte Forstchef von Bothmer. „Außerdem hemmt der Humusboden im Mischwald den Abfluss.“

Allerdings bestehen Brandenburgs Wälder, die 37 Prozent der Landesfläche bedecken, zu vier Fünftel aus Kiefern. Dabei haben Wissenschaftler der Landesforstanstalt Eberswalde errechnet, dass nur auf sieben Prozent der Fläche tatsächlich ausschließlich Kiefern wachsen müssen, weil auf dem mageren Boden nichts anderes wächst. Der Rest eignet sich durchaus für Mischwälder.

Zwei historische Vorgänge haben die Kiefer so dominant werden lassen: Die beginnende Industrialisierung mit ihrem Bedarf an Bauholz vor mehr als 100 Jahren und die Wiederaufforstung vieler Flächen, die nach dem Krieg für Reparationsleistungen an die Sowjetunion abgeholzt worden waren. Die Kiefer bot sich als schnellwachsende Kultur zum Ersatz an. Kiefern jedoch brennen auch sehr leicht – 40 Prozent aller Waldbrände in Deutschland entfallen jährlich auf Brandenburg. 2003 wurden 600 Hektar ein Raub der Flammen. Auch diese Flächen fallen dann auf viele Jahre für die Wasserspeicherung aus.

Die Förster und Waldarbeiter aber befinden sich mit dem Umbauprogramm in einem Wettlauf mit der Zeit. „Bis zum Ende des Jahrhunderts steigt die Temperatur im Jahresdurchschnitt um 1,5 bis 5,8 Grad Celsius an“, prognostizierte der Biologe Franz Badeck vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Einerseits steigt damit die Austrocknung stark an und zugleich gehen die Niederschläge um 40 bis 50 Millimeter zurück.

Das Umbauprogramm bedeutet auch einen enormen finanziellen Kraftakt. Das Fällen der Kiefern und das Anpflanzen von Laubbäumen kostet pro Hektar zwischen 6000 und 7000 Euro. Das können sich private und kommunale Eigentümer, denen inzwischen zwei Drittel des gesamtes Waldes gehören, kaum leisten. Die Landesregierung stellt daher zusammen mit Bundes- und EU-Mitteln jährlich 13,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Notwendig wären allerdings 20 Millionen, um in 100 Jahren alle Kiefernbestände in Mischwälder zu verwandeln.

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