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Brandenburg: Neues Verfahren gegen Rechnungshof-Vize

Bundesgerichtshof kassiert Potsdamer Freispruch für Arnulf Hülsmann. Der Spitzenbeamte soll Spesenrechnungen systematisch manipuliert haben

Leipzig/Potsdam - Brandenburgs zweithöchster Rechnungsprüfer Arnulf Hülsmann muss sich wegen des Vorwurfs des Betruges ein zweites Mal vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in Leipzig hob gestern ein Urteil der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts auf, das den Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs vom Vorwurf des Betruges freigesprochen hatte. Damit ist ein Ende der spektakulären Affäre nicht abzusehen, die in der Geschichte der deutschen Rechnungshöfe einmalig ist. Auch stellt das Urteil des Bundesgerichtshofes den zuständigen Richtern am Landgericht ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.

Zum Hintergrund: Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft hatte es bei der Verhandlung am Landgericht Potsdam als erwiesen angesehen, dass Hülsmann sich durch vorsätzlich unzutreffende Angaben in 22 Reisekostenabrechnungen rund 2300 Euro vom Staat erschlichen hat. Der Gesamtschaden, den der nach der Wende als Aufbauhelfer aus Nordrhein-Westfalen gekommene Hülsmann durch systematische Manipulation von Reisekostenabrechnungen seit 1993 angerichtet haben soll, soll laut Rechnungshof sogar 45 000 Euro betragen haben. Doch wegen Verjährung waren die meisten vom Rechnungshof angezeigten Fälle aber nicht Gegenstand der Verhandlung. Während die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 30 000 Euro verlangte, sprach das Gericht Hülsmann im November frei. Er habe zwar gelegentlich falsch abgerechnet, jedoch sei Vorsatz nicht nachzuweisen.

Der Bundesgerichtshof sieht das offenbar anders: Er beanstandete die Beweiswürdigung des Landgerichts als „sachlichrechtlich fehlerhaft“. Bei der Prüfung der prozessentscheidenden Frage, ob der Angeklagte vorsätzlich oder nur versehentlich falsche Angaben gemacht hat, seien „objektive Indizien“ nicht hinreichend gewürdigt worden. Gemeint sind zahlreiche Tank- und Einkaufsbelege, die Hülsmanns Angaben in den Erstattungsanträgen widersprechen.

Außerdem habe das Landgericht nicht bedacht, dass es – etwa bei drei nachgewiesenen Doppelabrechnungen – nicht um einen „vielleicht nachlässigen Durchschnittsbeamten“ gegangen sei, sondern um einen Spitzenbeamten, „der jahrzehntelang damit befasst war, Einnahmen des Staates sicherzustellen und unnötige Ausgaben zu verhindern“. Die Generalbundesanwaltschaft hatte zuvor mit Blick auf das „merkwürdige“ und „seltsame“ Urteil sogar die Vermutung geäußert, dass sich das Landgericht vom Ziel eines Freispruchs habe leiten lassen.

Dies passt zum Verhalten des zuständigen Richterdienstgerichtes, bei dem nunmehr seit April 2003 ein Disziplinarverfahren gegen Hülsmann anhängig ist, der als Rechnungshof-Vize den Status eines unabhängigen Richters hat. Entgegen der in solchen Fällen üblichen Praxis hat es bis heute nicht über einen Antrag auf Kürzung der Bezüge Hülsmann entschieden. Der 58-Jährige, der seit 2003 suspendiert ist, wird wohl auch weiterhin jährlich rund 90 000 Euro brutto kassieren.

Michael Mara

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